Markus Wasmeier: Viel Herzblut und ein Tipp für Maria Höfl-Riesch
Markus Wasmeier spricht im Interview über seinen Rücktritt als TV-Experte der ARD. Dabei übt er auch Kritik an seinem Ex-Arbeitgeber. Für Maria Höfl-Riesch hat er einen Tipp.
20 Jahre waren Sie bei der ARD als Experte im Einsatz. Jetzt übernimmt Maria Höfl-Riesch den Job. Trauen Sie ihr das zu?
Markus Wasmeier: Das kann ich nicht beurteilen. Ich hoffe nur, dass sie genau so viel Spaß an dem Job hat, wie ich. Das ist das Wichtigste, du musst Herzblut mitbringen. Das Fachwissen hat sie ohne Zweifel.
ARD-Experten gehen mitunter ja auch selbst mit der Kamera auf die Strecke...
Markus Wasmeier: Das wird sehr spannend bei den Herren-Abfahrten, denn die Maria war in ihrem Leben noch nie auf einer richtigen Herren-Abfahrt. Da könnte ich mir vorstellen, dass das schwierig wird (lacht).
Waren Sie überrascht, als Sie hörten, dass Höfl-Riesch Sie beerben wird?
Markus Wasmeier: Es war ja klar, dass die ARD sich nach einem Experten umschaut, wenn ich nicht mehr dabei bin. Und es liegt relativ nahe, dass dann eine dreifache Olympiasiegerin gefragt wird. Das ist legitim und war bei mir ja auch nicht anders.
Warum haben Sie den Experten-Job überhaupt an den Nagel gehängt?
Markus Wasmeier: Das waren jetzt 20 Jahre, eine Traumzeit, die ich sehr genossen habe. Ich weiß aber nicht, ob die Menschen, die vor dem Fernseher sitzen, irgendwann einmal sagen: Oh je, schon wieder der Wasmeier. Bevor das passiert, ist es ganz gut, sich neuen Aufgaben zuzuwenden.
Sie haben also Ihren Vertrag mit der ARD einfach nicht verlängert?
Markus Wasmeier: Es gab ja immer nur Jahresverträge. Du hast also vom Beginn des Winters bis April einen Vertrag und dann bist du frei. Das ist Jahr für Jahr so weiter gegangen. Die sind immer davon ausgegangen, dass ich weiter mache. Jetzt habe ich aber gesagt, dass ich aufhöre.
Wenn Sie zurückblicken: Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht?
Markus Wasmeier: Mir war es eine Riesenfreude, nach meiner aktiven Karriere wieder in diese Familie einzutauchen. Ich habe international so viele Freunde, die im Weltcup unterwegs sind, die ich auch weiterhin treffen konnte. Und ich habe auch die neuen Sportler-Generationen kennengelernt. Wenn du mit der Kamera eine Abfahrt fährst, bist du einer von ihnen. Die Kamerafahrt war ja meine Idee, vier Jahre später haben das auch die Österreicher gemacht.
Was nehmen Sie für sich aus der Zeit als TV-Experte mit?
Markus Wasmeier: Man nimmt die Neugierde mit. Und die Fähigkeit zu kritisieren. Das konnte ich am Anfang nicht so richtig.
Gab es Reaktionen von Sportlern, die sich über Ihre Kritik beschwert haben?
Markus Wasmeier: Die Sportler waren nie sauer. Die haben das meist genau so gesehen. Allerdings haben sich Trainer und Verbände angesprochen gefühlt und Kritik persönlich genommen. Da herrschte manchmal Eiseskälte. Ich wurde einige Male mehr oder weniger als Feind betrachtet, weil ich Dinge ausgesprochen habe, die sonst nur verschwiegen wurden.
Haben Sie den Eindruck, dass Ihre Kritik auch mal gefruchtet hat?
Markus Wasmeier: Naja, sie fruchtet bei den Herren im Technikbereich. Vor vier Jahren hatten wir aber die stärkste Slalom-Mannschaft bei den Damen, davon ist nicht mehr viel übrig geblieben. Und wieso haben wir bei den Männern keine Abfahrer?
Warum?
Markus Wasmeier: Wenn du die 16- und 17-Jährigen nicht schnell fahren lässt, sondern erst mit 25 auf die langen Bretter stellst – da kann kein Abfahrer mehr raus kommen. Du musst dich mit dieser Geschwindigkeit vertraut machen. Dafür musst du fahren, fahren, fahren. Bei uns ist das nicht so. Da sagt jeder nur, Abfahrt ist viel zu gefährlich. Das ist viel zu viel Arbeit. Bei uns geht der Weg zur bequemeren Seite und das ist Slalom und Riesenslalom.
Mit welchem TV-Moderator hatten Sie das Gefühl, dass das Zusammenspiel besonders gut funktioniert hat?
Markus Wasmeier: Da will ich keinen hervorheben. Es war ja auch gar nicht notwendig, dass da große Fachkompetenz neben mir steht. Waldi (Waldemar Hartmann, Anm. d. Red.) zum Beispiel war sicherlich nicht der große Ski-Experte. Aber er hat kritische Fragen gestellt und vor allem hat er die unterhaltsame Seite eingebracht. Das ist das, was oft übersehen wird. Natürlich ist der Sport das Wichtigste, aber der Zuschauer will auch gut unterhalten werden. Inzwischen geht die Tendenz dahin, dass sehr oberflächlich berichtet wird und das Herzblut fehlt.
Dafür sind doch aber auch die Experten zuständig...
Markus Wasmeier: Ja, aber irgendwann kannst du auch nichts mehr machen. Es fehlt einfach die Zeit, weil sich der Sender extrem einengt. Die schalten von Sportart zu Sportart. Als wir 1994 begonnen haben, haben wir uns zuerst enorm gesteigert. Mit Hintergrundberichten und Geschichten, in denen es menschelt. Inzwischen sind wir aber wieder in den 80er Jahren angekommen. Wir sind weit unter dem Niveau, das wir schon einmal hatten. Das liegt nicht an der technischen Qualität, die ist super. Aber du kommst ganz weit weg vom Menschen, weg von dem Sportler, der hinter der Skibrille steckt. Aber genau das bräuchtest du, um auch die Menschen in Norddeutschland, die nicht so im Skisport verwurzelt sind, mitzunehmen.
Schwingt Wehmut mit, nach 20 Jahren aufzuhören?
Markus Wasmeier: Logisch. Das ist so ähnlich, wie der sportlichen Karriere ade zu sagen. Der Kopf sagt irgendwann: Lass es. Ich will neue Dinge anpacken. Und die mache ich vielleicht nicht mehr, wenn ich 60 bin.
Woran erinnern Sie sich sofort, wenn Sie zurückdenken?
Markus Wasmeier: An die Olympischen Spiele in Nagano, die ersten nach meinem Rücktritt. Ich habe beim Super-G der Frauen die Kamerafahrt im Rennanzug gemacht und hätte mit meiner Zeit Silber gewonnen. Außerdem bin ich bei neun Olympischen Spielen die Herren-Abfahrt gefahren. Mit meinen künstlichen Hüften könnte ich das heute aber auch nicht mehr machen.
Wie geht es bei Ihnen beruflich weiter?
Markus Wasmeier: Mir geht es darum, das bayerische Kulturgut zu pflegen. Das ist neben dem Sport meine größte Herzensangelegenheit. Zusammen mit dem Bayerischen Rundfunk haben wir für den 17. Dezember eine erste Sendung in Rothenburg ob der Tauber gedreht. Im Zentrum steht Bayern und seine Kultur. Interview: Andreas Kornes
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