Die Lazarette sind schon voll
Dem Fußball abgewandte Menschen könnten in diesen Tagen auf die Ideekommen, die Bundesliga habe bereits begonnen. Die Verletzten-Bulletinsder Vereine lesen sich, als herrsche in der Liga bereits Hochbetrieboder die Klubs hätten wenigstens soeben Hochseilgarten-Touren mitanschließendem Glasscherbenlauf hinter sich.
Randbemerkung von Anton Schwankhart
Dem Fußball abgewandte Menschen könnten in diesen Tagen auf die Idee kommen, die Bundesliga habe bereits begonnen. Die Verletzten-Bulletins der Vereine lesen sich, als herrsche in der Liga bereits Hochbetrieb oder die Klubs hätten wenigstens soeben Hochseilgarten-Touren mit anschließendem Glasscherbenlauf hinter sich.
Dabei tummeln sich die Mannschaften in beschaulichen Schweizer Quartieren oder, wie der FC Bayern, im kaum bedrohlicheren Donaueschingen. Trotzdem haben es die Münchner dort auf eine beachtliche Ausfall-Liste gebracht.
Ribéry (Knieprobleme), Toni (Achillessehnenbeschwerden), Timoschtschuk (Oberschenkelprellung), Klose (Sprunggelenksblessur) und Braafheid (Knieprobleme) sind nur die prominentesten Opfer. Dabei ist noch kein ernsthafter Ball gespielt.
Das liegt nicht an falschem Training oder medizinischer Unterversorgung. Diese Felder sind schon lange ordentlich besetzt. Aber das Spiel ist zu schnell geworden für die menschliche Masse. Zu groß sind die Kräfte, die an Sehnen, Muskeln und Bändern zerren. Wer seinem Kind im Berufsleben ein gesundes Maß an körperlicher Unversehrtheit angedeihen lassen möchte, hält es vom großen Fußball fern. Es gibt nichts, was dort nicht brechen oder reißen kann.
Gestern musste Michael Ballacks kleiner Zeh dran glauben. Die Folgen der Mini-Fraktur sind noch nicht überschaubar. Dass es für Deutschland, das Mitte August ein WM-Qualifikationsspiel gegen Aserbaidschan zu absolvieren hat, so dramatisch werden könnte wie 2008 im Zuge von Ballacks Wadenzerrung ("Wade der Nation), ist fürs Erste aber nicht zu befürchten. Es wäre auch zu viel. Für Deutschland - und erst recht für Ballack.
Der Kapitän war schließlich schon vor dem Zehenbruch angeschossen. Getroffen von Oliver Bierhoff, seinem Gegner im eigenen Haus. Er sehe im Deutschen Fußball keinen Spieler von Weltklasse-Format, sagt der DFB-Teammanager. Für den Chelsea-Star eine Watsch'n über drei Banden. Nach der Podolski-Ohrfeige der nächste Schritt zur Demontage.
In der Sache hat Bierhoff recht. Die Erfolge der Nationalelf beruhen auf der Arbeit eines Kollektivs, nicht auf den Geniestreichen überragender Solisten.
Das belegt indirekt auch die Transfer-Bilanz der Bundesliga. Kein deutscher Nationalspieler war Europas Branchenriesen eine Groß-Investition wert. Umgekehrt hat die Bundesliga kräftig eingekauft. Fast 50 Millionen Ausgaben-Überschuss. Die Klubs können es sich leisten. Die TV-Gelder fließen stabil, Sponsoren- und Zuschauereinnahmen steigen. Der Laden brummt. Jetzt müssen sich nur noch die Lazarette leeren.
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