Teilzeit-Arbeiterinnen aus dem Osten
In der Regionalliga setzen die drei Augsburger Vereine zahlreiche ausländische Spielerinnen regelmäßig ein. Das kostet Geld, hat aber auch einen großen Vorteil.
Der Skoda Octavia von Michaela Pastikova, 34, hat über 280000 Kilometer auf dem Tachometer stehen. Einige tausend davon verbrachte die tschechische Tennisspielerin auf den Autobahnen von Prag nach Augsburg. Seit sieben Jahren ist sie fester Bestandteil der Tennismannschaft des TC Augsburg.
Als sie damit begann, zählte Pastikova zur erweiterten Weltspitze, im Januar 2005 hatte sie Platz 89 der Weltrangliste erreicht. TCA-Manager Uwe Nothnagel verpflichtete sie 2007. In ihrer ersten Saison stieg Pastikova mit dem TCA gleich in die Bundesliga auf, ein Jahr später wieder ab. Pastikova blieb dem TCA treu – bis jetzt. „Hier hat alles gepasst, Uwe hat sich toll um mich gekümmert, die Leute sind hier nett. Warum sollte ich wechseln? Und 380 Kilometer von Prag nach Augsburg sind nicht viel“, erzählte Pastikova am vergangenen Sonntag beim Regionalliga-Spiel gegen CaM Nürnberg.
Halbe Million Euro an Preisgeldern gewonnen
Pastikova stand 2005 sogar im Doppel im Halbfinale bei den Australian Open, über 500000 Dollar Preisgeld spielte sie in ihrer Karriere ein, die Beine kann sie deswegen nicht hochlegen. Sie arbeitet hauptberuflich als Tennislehrerin in Prag.
Pastikova ist ein Beispiel für die vielen Teilzeit-Arbeiterinnen aus dem Osten, die sich in den deutschen Spitzenligen tummeln. Kein Verein will auf sie verzichten, wenn es in der Punkterunde in wenigen Wochen um Auf- und Abstieg geht.
Tennis auf hohem Niveau
In der Regionalliga, in der derzeit drei Augsburger Vereine spielen, setzen der TCA zwei, der TC Schießgraben zwei und der TC Schwaben gleich fünf ausländische Spielerinnen regelmäßig ein. „Ohne diese Spielerinnen wäre Tennissport auf diesem Niveau nicht möglich“, sagt Schwaben-Chef Anton Huber. Auch bei Uwe Nothnagel oder Manfred Schabert vom TC Schießgraben hört man das gleiche Argument.
Junge, deutsche Spielerinnen auf diesem Level sind schwer zu finden. Die Besseren spielen weiter oben oder sind im weltweiten Tenniszirkus unterwegs. Und für die anderen lohnt sich der hohe Aufwand auf diesem Niveau oft nicht. „Deutschen Spielern fehlt oft der letzte Biss“, sagt Tennis-Trainer Steffen Haufe. Der 70-Jährige war Jugendtrainer von Philipp Kohlschreiber, Julia Schruff oder auch Marlene Weingärtner. Im Osten hingegen stimmt das Preis-Leistungsverhältnis. Für gutes Geld gibt es guten Sport. Und der ist wichtig. Nur über die Mannschaften erreichen die Vereine wenigstens für ein paar Wochen mediale Außenwirkung. Huber setzt darum voll auf die tschechische Karte. Mit Erfolg. Der TC Schwaben steht mit 10:2 Punkten an der Tabellenspitze. Der Aufstieg in die 2. Liga ist in greifbarer Nähe. Dank der Ost-Hilfe.
Rekrutierung läuft über persönliche Kontakte
Teresza Krausova, 33, spielt seit 2006 für den TC Schwaben. Sie hat die Kontakte zu den anderen Spielerinnen der Schwaben geknüpft. Man kennt sich in der Szene, das Reservoir ist groß. Über persönliche Kontakte läuft auch bei den anderen Vereinen die Rekrutierung.
Zwischen 300 bis 500 Euro, vielleicht auch ein bisschen mehr, bekommt eine ausländische Spitzenspielerin pro Einsatz in dieser Liga. Für die Sportlerinnen sind die Einnahmen aus dem mehrwöchigen Punktspielbetrieb ein wichtiger Posten in der Mischkalkulation. Jana Jandova, 24, die als 16-Jährige zum ersten Mal für den TC Schießgraben auflief, finanziert sich damit zum Teil ihr Studium der Sonderpädagogik. Fünf Jahre hat sie Turniere gespielt, stand auf der Weltrangliste 600, als sie ihren Schwerpunkt verlegte. „Ich war nicht gut genug, um weiterzukommen“, sagt sie. Die fast 400 Kilometer Anreise nimmt sie in den Kauf. Die Augsburger Vereine gelten als verlässliche Geschäftspartner, die Tschechinnen auch.
Dediuc will ganz nach oben
Denisa Allertova, 21, ihre Kollegin beim TC Schießgraben, verdient den Großteil ihres Lebensunterhaltes über Turniere. Deswegen muss Schießgraben-Trainer Schabert bei seinen Personalplanungen auch mit diesen Terminen jonglieren, genauso wie Huber und Nothnagel. Der TCA-Manager hat ein ganz besonders Problem. Michaela Pastikova ist die persönliche Trainerin von Anastasia Dediuc, der zweiten TCA-Ausländerin. Darum muss Nothnagel hoffen, wenn die 16-jährige Mazedonierin irgendwo in Europa ein Junioren-Turnier spielt, dass Dediuc früh ausscheidet.
Pastikova versucht, so gut es geht, die TCA-Termine für ihren Schützling freizuhalten. „Die Spiele als Nummer zwei auf diesem Niveau sind eine harte Schule für sie.“ Dediuc will ganz nach oben. „Ein Platz unter den ersten 50 in der Weltrangliste ist drin“, sagt Pastikova. Im Gegensatz zu Pastikova und Co. hat Dediuc aber ein finanzstarkes Elternhaus im Rücken. Der Vater, ein Unternehmer aus Mazedonien, lebt mit seiner Familie seit acht Jahren in Prag und steckt viel Geld in den Traum seiner Tochter. Auch Pastikova profitiert davon. Sie darf Anastasia mit dem Mercedes-Geländewagen der Mutter durch Europa fahren. Der Octavia hat künftig ausgedient.
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