Warum Guardiola doch einer der besten Trainer der Welt ist
Pep Guardiola führt Manchester City endlich zum ersten Sieg in der Champions League. Das macht Hunger auf mehr und verleitet zu einer Ansage in Richtung Madrid.
Irgendwann rutschte Pep Guardiola auf den Knien. Er hielt sich die Hände vors Gesicht, seine schicke schwarze Anzughose war am Knie weiß verfärbt. Pech, dass der Trainer von Manchester City ausgerechnet die Kreidelinie getroffen hatte, die seinen Arbeitsbereich begrenzt. Coaching-Zone nennt sich der, dort dürfen die Trainer sich während des Spiels aufhalten. Sie können ruhig darin verharren oder wie Guardiola ein wildes Spiel aufführen.
Guardiola litt an der Außenlinie mit, wie nur Guardiola mitleidet. Sein Torwart Ederson hatte gerade einen Treffer von Inter Mailand verhindert. Er hatte sich in einem Eins-gegen-eins-Duell sehr umsichtig verhalten. Was Guardiola aber geärgert und damit auf die Knie gezwungen haben dürfte: Die Möglichkeit der Italiener hatte sich aus einer Nachlässigkeit seiner Mannschaft ergeben. Einer Unzulänglichkeit, die kein Trainer der Welt mag. Ein zu kurzer Rückpass.
Pep Guardiola ist Perfektionist. Er liebt das schöne Spiel, er mag es, wenn seine Mannschaft Dominanz ausstrahlt. Das Positionsspiel muss perfekt sein, der Ball flach durch die Reihen zirkulieren. Schnell und präzise. So hat sich Manchester City in dieser Saison zur besten Mannschaft Europas entwickelt. Guardiola aber hat lange gebraucht, bis es so weit war.
Irgendwann zahlt sich das viele Geld eben doch aus
Der 52-Jährige arbeitet seit 2016 in Manchester. Sein Auftrag war klar: die Champions League gewinnen. Dafür geizten die Besitzer aus Abu Dhabi nicht mit finanziellen Mitteln. Immer mehr Stars kamen zu City, nur die begehrte Trophäe blieb viele Jahre fern. Manchester gewann mit Guardiola den Titel in der Premier League, im Pokal triumphierte er. In der Königsklasse aber herrschte Dürre wie in Abu Dhabis Wüste.
Es kamen erste Zweifel auf. An Guardiolas Fähigkeiten in entscheidenden Spielen. Dem Spanier wurde vorgeworfen, dass er sich verkopfe. Dass er in Endspielen zu viel möchte und seine Mannschaft mit zu komplizierter Taktik überfordere. Am Samstagabend in Istanbul änderte sich alles. Der 1:0-Erfolg gegen Inter Mailand durch ein Tor von Rodrigo (68.) ist der Beweis, dass Manchester City die Champions League gewinnen kann. Dass sich viel Geld irgendwann eben doch auszahlt. Aber auch, dass Guardiola einfach einer der besten Trainer der Welt ist.
Nach dem Spiel lief er glückselig über den Rasen. Er umarmte alle, seine Stammkräfte, aber auch die Ergänzungsspieler. Seinen Kapitän Ilkay Gündogan nahm er lange in den Arm. Er flüsterte dem deutschen Nationalspieler etwas ins Ohr. Womöglich die Bitte, seinen Vertrag in Manchester doch zu verlängern.
Inter Mailand hatte den favorisierten Engländern lange heftig zugesetzt. Die Italiener hatten die Räume so sehr verdichtet, dass ähnlich viel Platz war wie in einem Oktoberfestzelt am Samstagabend. Manchester brauchte Geduld, Manchester hatte Geduld. Und in der Schlussphase etwas Glück und einen starken Torwart Ederson.
Guardiola holt mit zwei Klubs das Triple
Triple haben schon einige gewonnen – also die Titelsammlung aus Meisterschaft, Pokal und Champions League in einer Saison. Jupp Heynckes etwa, Carlo Ancelotti oder Alex Ferguson 1999 mit Manchester United. Guardiola aber hat dieses Kunststück seit Samstag mit zwei Teams geschafft. In der Saison 2008/2009 mit dem FC Barcelona, in diesem Jahr mit Manchester City. "Eine große Erleichterung" sei Manchesters Premierensieg in der Champions League, so Guardiola ganz nüchtern.
Solle aber nun keiner denken, dass er dieses Triple Jahr für Jahr wieder wiederholen werde. Das Ziel sei es natürlich. "Es gibt Mannschaften, die die Champions League gewonnen haben und nach ein, zwei Saisons verschwunden sind. Das ist es, was wir vermeiden müssen", sagte Guardiola, schränkte aber auch ein: "Ich bin ein guter Trainer. Aber ich bin nicht gut genug, um jede Saison das Triple zu gewinnen."
Guardiola hatte an diesem Abend gute Laune. Das Spiel hatte zwar viel gefordert, letztlich aber sei alles okay gewesen. "Ehrlich gesagt war ich nach dem Sieg im FA Cup gegen Manchester United aufgewühlter", sagte der 52-Jährige. Angriffslustig aber war er auch am Samstag – wenngleich mit viel Ironie versehen. In Richtung Rekordsieger Real Madrid, der bereits 14 Mal den wichtigsten Klub-Wettbewerb gewonnen hatte, schickte er eine Botschaft: "Du bist nur 13 Champions-League-Siege entfernt. Sei vorsichtig, Real Madrid, denn wir sind dir auf den Fersen. Wenn du ein bisschen schläfst, werden wir dich einholen." Wenn es sein muss, wieder mit einem Guardiola auf den Knien.
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Gratulation, Pep Guardiola hat bewiesen, dass er das Unternehmer-Gen besitzt und Erfolg erzeugt, wenn er dazu das notwendige Kapital erhält. Ein klassische Beispiel des Anti-Unternehmers sind unsere Politiker, die ein reiches Land wie Deutschland zugrunde richten.