Mark van Bommel: Abschied eines verehrten Raubeins
Auf dem Platz verstand Mark van Bommel keinen Spaß. Seine Gegenspieler sind froh, dass er weg ist. Sportlich ist gegen den Transfer zum AC Mailand nichts einzuwenden - und doch wird man ihn vermissen. Von Anton Schwankhart
Der Deutsche mag den Holländer - vorausgesetzt er begegnet ihm nicht an einem Sommernachmittag auf der A 8. Der Holländer hat, was dem Deutschen fehlt: flache Hierarchien, noch flachere Radwege, ein heiteres Gemüt und eine putzige Sprache. Auch der Holländer mag den Deutschen - obwohl er nicht genau weiß warum.
Das war früher anders, ohne dabei gleich bis in die unseligen Kriegszeiten zurückzugehen. Der Fußball war in den 70er und 80er Jahren Projektionsfläche verstaubter Ressentiments. Die Herren Koeman und Rijkaard haben sie geschürt, Fans beider Lager sich daran erhitzt.
Das ist lange her. Inzwischen begleiten wir Abgänge holländischer Spieler mit Bedauern. Erst recht, wenn einer wie Mark van Bommel geht.
Dabei hat es der 33-Jährige nicht nur Fair-Play-Liebhabern schwer gemacht, ihn zu mögen. Er hat getreten, gerempelt und gesenst - ein Raubein in der Tradition des Walisers Vinnie-"die-Axt"-Jones.
Van Bommel hat alle Vorurteile versammelt, die seit Jahrhunderten für das Spiel von Uruguayern, Schotten und Italienern gelten. Von wegen van Bommel, van Bimmel, van Bummel: Auf dem Platz verstand der Bayern-Haudegen keinen Spaß. Seine Gegenspieler sind froh, dass er weg ist.
Sportlich ist gegen den Transfer nichts einzuwenden. Van Bommel war lange Motor des Bayern-Spiels, zuletzt lief er oft untertourig. Der Holländer war von der Ersatzbank bedroht. Ein Kapitän als Zuschauer aber belastet das Betriebsklima. Da hat es gepasst, dass er weg wollte.
Ein kantiger Kerl mit Herz und Hirn
Wer dagegen einen kantigen Kerl schätzt, der neben Herz auch Hirn besitzt, muss den Wechsel des 33-Jährigen nach Italien beklagen. Das gilt vor allem für Journalisten. Viereinhalb Jahre hat van Bommel das Auf und Ab des FC Bayern pfiffig kommentiert ("Ich habe keine Erklärung, aber ich bin froh, dass wir gewonnen haben. Manchmal ist das eine Ausrede, um nichts erklären zu müssen."). Nun ist keiner mehr da, der auch an schlechten Tagen immer den Kopf hinhält, der aber auch nichts sagt, wenn es nichts zu sagen gibt.
Die Vrijen Universiteit Amsterdam hat ihn dafür mit dem Preis für "deutliche Aussprache" ausgezeichnet. Die Wissenschaftler hatten die Interviews von 26 holländischen Nationalspielern ausgewertet. Van Bommel spreche grammatikalisch sauber, analysiere verständlich und vermeide Floskeln, hieß es. Wir können das bestätigen.
Veel geluk in Mailand, Mark van Bommel. Von Anton Schwankhart
Die Diskussion ist geschlossen.