Halbfinal-Aus: Wie sieht die Zukunft von Joachim Löw aus?
Sechs Mal in Folge hat Joachim Löw die deutsche Mannschaft in ein Halbfinale eines großen Turniers geführt. Doch wie geht es nach der bitteren Niederlage gegen Frankreich weiter?
Gerechtigkeit und Fußball schließen sich nicht zwingend aus. Sie müssen aber auch nicht immer gemeinsam auftreten. Geht es beispielsweise nach Joachim Löw, so hat die Gerechtigkeit am Donnerstagabend einen weiten Bogen um das Stade Vélodrome in Marseille gemacht.
Verdient hatte seiner Meinung nach nämlich nur eine Mannschaft den Einzug ins Finale - und das war nicht jene blaugewandete, die sich nach der Partie von vollkommen entfesselten Fans feiern ließ. "Wir haben besser gespielt als der Gegner, waren feldüberlegen. Ich glaube, dass wir ein Klassespiel gemacht haben. Die Mannschaft ist dominant aufgetreten. Die Franzosen waren ängstlich, wir haben dominiert. Wir haben kein Tor gemacht, alle Spieler sind riesig enttäuscht. Wir hatten heute nicht das Glück auf unserer Seite", fasste der Bundestrainer das Gesehene zusammen.
Weil die Mannschaft eben jener Treffer nicht gelingen wollte, konnte Mats Hummels die Stimmung in der Kabine mit einem Wort beschreiben: "Scheiße." Er selbst konnte gelbgesperrt nicht mithelfen, am Ergebnis etwas zu ändern. Bedeutender sei aber der Ausfall von Mario Gomez gewesen, sagte der Innenverteidiger. In der Tat fehlte im Zentrum ein Angreifer, der das muntere Kombinationsspiel der Deutschen hätte zuspitzen können. So hatten die Franzosen zwar allerhand mit den wirbelnden Deutschen zu tun, hielten sie aber weitgehend von klaren Einschussmöglichkeiten ab.
Löws Vertrag läuft noch bis 2018
Letztlich entschieden wohl tatsächlich die Ausfälle im deutschen Team über den Finaleinzug. Hummels, Sami Khedira und Gomez hätten dem Spiel der Deutschen sicher nicht geschadet. Trotzdem lieferte die Mannschaft eine tolle Partie ab. "Wir haben heute unser bestes Spiel bei der EM gemacht, so komisch das klingt nach einem 0:2. Ich kann der Mannschaft nichts vorwerfen", so Toni Kroos.
Bei den vergangenen sechs Turnieren ist das Team jeweils ins Halbfinale eingezogen. Eine beeindruckende Bilanz. Dass man lediglich zwei Mal das Finale erreicht hat, ist weniger beeindruckend. Die nächste Chance auf einen Titel besteht in zwei Jahren in Russland. Joachim Löws Vertrag läuft noch genauso lange. Ob er ihn auch wirklich erfüllt, ließ er nach dem Spiel zumindest ein wenig offen. "Heute Abend kann ich nicht weit vorausgucken, nicht einmal bis morgen früh. Da sitzt der Stachel doch noch tief. Das ist keinen Gedanken wert heute Abend", sagte der Bundestrainer nach dem Spiel. Er haderte immer noch mit der fehlenden Gerechtigkeit.
Die Diskussion ist geschlossen.
Yogy bleibt und erfüllt seinen Vertrag bis 2018. Podolski lernt schon russisch.
"Wir haben besser gespielt als der Gegner, waren feldüberlegen. Ich glaube, dass wir ein Klassespiel gemacht haben. Die Mannschaft ist dominant aufgetreten. Die Franzosen waren ängstlich, wir haben dominiert. ..."
Ach so. Wenn die Franzosen eine taktische Linie fahren, die auf verstärkte Defensive hinaus läuft, dann ist das ängstlich. Wenn wir das gegen die Italiener machen clever. ^^
Dieser Realitätsverlust ist erschreckend. Erinnert an die Worte Philipp Lahms nach dem mit 5:2 gegen den BVB verlorenen DFB-Finale 2012 als er nach dem Spiel erklärte, die Bayern wären die bessere weil spielbestimmende Mannschaft gewesen, sie seien lediglich ausgekontert worden.
Seit der Erfindung des Tikitaka durch die Spanier, die damit Weltmeister wurden und die fußballbegeisterte Weltöffentlichkeit zunächst mal staunend Nase, Mund und Ohren aufsperren ließ, haben die Gegner nur in den ersten Jahren versucht, zwischen den Dreiecken hin und herhechelnd, den Ball führenden Spielern diesen abzuluchsen. Viel zu kraftaufwendig. Zu wenig Erfolgschancen.
So zog man sich in Folge eben zurück. baute seine Abwehrketten vor dem Tor auf, dort wo die Räume automatisch dann enger werden und wartete dort auf einen Abspielfehler, eine Passungenauigkeit und spezialisierte sich auf gut gespielte blitzschnelle Konter.
Das ist doch ein völlig legitimes Konzept. Denn auf den Erfolg kommt es schließlich an. Wenn die anderen einen nicht mitspielen lassen wollen, muss man sich andere Wege ausdenken, um eine Chance zu haben a) ein Tor zu erzielen b) das Spiel zu gewinnen.
Die Franzosen haben lediglich zunächst nicht besonders gut gekontert, bzw. hat Schweinsteiger in dieser Phase wirklich exzellent gespielt und den Braten jeweils gerochen.
Dass nach im Grunde krachenden Niederlagen der Eindruck besteht, man habe ein tolles Spiel gemacht und den Gegner dominiert, ist sich selbst in die Tasche gelogen.
Wenn Löw klug ist, wirft er seine bisherigen Berater raus und krempelt seinen Laden um oder er macht den Weg frei für neue Konzepte.
Wie geschrieben steht. Es ist eine durchaus anerkennenswerte Leistung, sechsmal das HF erreicht zu haben. Viermal davon rausgeflogen zu sein ist nicht ganz so beeindruckend.
Ich glaube allerdings nicht, dass Löw klug ist.
Tut mir leid, 5 Euro ins Phrasenschwein: Wer keine Tore schießt, kann auch nicht gewinnen!
Statt Angriffsfußball (nicht nur in der letzten Viertelstunde, vielleicht von Anfang an?) wieder das übliche Hin-und-Her-Geschiebe, Tici-Taca tralala, Ballbesitz um jeden Preis, ja keinen Fehler machen. Zum zweiten Mal einen Elfer wegen eines Handspiels kassiert (Lernfähigkeit?) und dann eine Viererkette, aber leider eine Fehler-Viererkette (Höwedes, Kimmich, Mustafi, Neuer), die zum 0:2 führte.
Schlüsselspieler wie Gomez (= Stoßstürmer) und Hummels (Abwehrchef) gleich mal gar nicht dabei, dafür Müller (außer Form) und Götze (schon länger außer Form). Warum darf der pfeilschnelle und dribbelstarke Sané erst in den letzten Minuten ran? Bezeichnend, daß die drei größten Chancen (Kimmich Pfosten, Mustafi in den Nachthimmel, Höwedes-Kopfball vom Torwart pariert) durch Abwehrspieler (!) entstanden.
Vielleicht hat Mehmet Scholl mit seinem Taktik-Wutausbruch recht:
Statt Ballbesitz um jeden Preis vielleicht mal mutiger nach vorne spielen, Vorbilder sind die "Zwerge", allen voran Island und Wales. Und vielleicht, außer Gomez, mit einem zweiten Stoßstürmer.
Aber dazu müßte nicht nur der schweizerische "Taktik-Gott" verschwinden, sondern vermutlich auch das gesamte Trainer-Team, das seit Jahren auf diese langweilige Philosophie setzt.
Im Nachhinein bin ich noch ganz froh, daß ich kein - völlig überteuertes - Trikot gekauft habe.