Katja Kraus - Einzige Vorstandsfrau im Fußball
Hamburg (dpa) - Katja Kraus ist die einzige Führungsfrau im deutschen Fußball und bleibt auch nach sechs Jahren im Vorstand des Hamburger SV eine Exotin. Ob in den Gremien des Vereins oder bei Tagungen der Deutschen Fußball-Liga, die 38 Jahre alte ehemalige Nationaltorhüterin ist meist allein unter Männern. "Mein großer Vorteil ist, dass ich selbst Fußball gespielt habe, deshalb werde ich auch in Fachgesprächen ernst genommen", erzählt die Hessin.
Die Bilanz ihres Arbeitsfeldes Kommunikation, Marketing und Merchandising könnte eindrucksvoller kaum sein: Die Zuschauerzahlen sprengen mit einem Schnitt von 56 000 seit Jahren alle Rekorde, die Mitgliederzahl des Traditionsvereins ist bis auf fast 59 000 in die Höhe geschnellt und in Hamburg ist es wieder chic, ein HSV-Trikot zu tragen. Das ist auch ein Verdienst der Frankfurterin Kraus, die sich vornahm, die altmodische "Marke HSV" aufzupeppen.
"Studien haben ergeben, dass Manchester United die bekannteste Marke der Welt ist, noch vor Coca Cola. Und Real Madrid hat gerade Walt Disney überholt", schwärmt Kraus, die mit dem FSV Frankfurt zweimal deutscher Meister wurde und nach dem Studium der Politologie und Germanistik zunächst Pressesprecherin bei Eintracht Frankfurt wurde. Der Job war begehrt, und als Anfängerin im rauen Fußball- Geschäft wurde ihr viel Skepsis entgegengebracht.
Beim Vermarkter Sportfive lernte der heutige HSV- Vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann sie zu schätzen und holte sie kurz nach seinem Wechsel zum hanseatischen Fußballclub an seine Seite. Ein Verdienst des Wirtschaftsmannes Hoffmann - aber auch von seiner Ideengeberin Kraus - ist es, dass der Umsatz des Vereins binnen fünf Jahren von 66 auf 140 Millionen Euro stieg. Eine wirtschaftliche Krise sieht anders aus, zumal es scheinbar immer neue Expansionsmöglichkeiten gibt. Mit mehr als 200 000 Euro pro Jahr gehört Kraus allerdings zu den bescheidenen Verdienern in der Fußball-Branche.
Mit Ideen wie dem "Kidsclub" und der Fußballschule für Kinder zieht der Verein aus dem ganzen norddeutschen Raum den Fan-Nachwuchs selbst heran. "Ich bin immer wieder überrascht, wie sehr man die Menschen über Fußball erreichen kann", sagt Kraus, die trotz des wirtschaftlichen Booms die soziale Verantwortung nicht vergisst. Sie legt Wert auf Engagements in den Brennpunkten der Stadt und klimaneutrale Reisen, könnte stundenlang über neue Projekte reden, die ihr ebenso am Herz liegen wie der Erfolg der Bundesliga- Mannschaft.
Nur auf das Thema "Frau im Fußball" möchte sie nicht mehr angesprochen werden, es ist schon längst alles dazu gesagt. Die ehemalige Nationaltorhüterin hat sich in dem Geschäft durchgebissen, der feste Händedruck und die Alltagsdisziplin mit der frühmorgendlichen Joggingstunde der Marathonläuferin zeugen von ihrer Entschlossenheit. Sie hat sich an ihr "Single-Dasein" in der reinen Männer-Welt gewöhnt - woran sie sich nicht gewöhnen kann, ist die tägliche Präsenz in den Medien.
Die zum Teil negativen Schlagzeilen, die sich in den vergangenen Wochen bei der Diskussion um die Nachfolge von Sportdirektor und Vorstandsmitglied Dietmar Beiersdorfer um die Politik von Kraus und Hoffmann drehten, passen ihr nicht. "Jede Entscheidung, die wir treffen, ist gläsern, muss man in Dutzende Journalistenblöcke diktieren", erzählt sie und möchte am liebsten den Meinungsstrom in der Medienstadt Hamburg beeinflussen.
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