Sportreporter Tom Bartels übt Selbstkritik an manch übertriebenem Redefluss im TV. Aber immerhin weiß er seine Wörter gut zu nutzen.
Ein Man, ein Wort. Eine Frau, ein Wörterbuch – wer kennt sie nicht, die viel zitierten Klischees, dass Frauen Quasselstrippen sind und Männer im allgemeinen eher mundfaul? Eine, die nicht ganz unschuldig an diesen Vorurteilen sein dürfte, ist eine amerikanische Neuropsychiaterin, die vor vielen Jahren entdeckt haben wollte, dass Frauen etwa 20.000 Wörter am Tag sprechen, Männer hingegen mit etwa 7000 auskommen. Alles Quatsch!
Eine moderne Studie aus den USA hat herausgefunden, dass Männer wie Frauen gleichermaßen etwa 16.000 Wörter am Tag nutzen. Manche mehr, manche weniger. Allerdings gibt es eine Sorte Mensch, die von Berufs wegen deutlich mehr Wörter braucht als der allgemeine Durchschnitt: der Sportkommentator oder die Sportkommentatorin.
Für die Beschreibung eines Fußballspiels reicht die Standardmenge an Wörtern nicht aus
Wer seine Hörerschaft am Radio oder Bildschirm über die komplette Spielzeit einer Fußball- oder Handballpartie unterhalten möchte, dem reicht die tägliche Standardmenge an Wörtern einfach nicht aus. Schließlich gilt es, Vordergründiges zu beschreiben und Hintergründiges zu erklären. Alles dem Wunsch geschuldet, das Sportereignis so packend wie möglich "rüberzubringen“.
Umso mehr überrascht es, dass nun ausgerechnet ein ausgewiesener Profi seines Faches harsche Kritik an sich selbst übt, weil er zu viele Wörter in die Wohnzimmer sendet: der ARD-Sportkommentator Tom Bartels. "Ich rede leider auch zu viel. Ich rede definitiv zu viel", so das verblüffende Geständnis des 58-Jährigen im Podcast "Spielmacher“. Auch seine Familie hätte schon angemerkt, dass er bei Übertragungen zu viel rede.
Tom Bartels wurde bereits mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet
Uns wären in der deutschen Fernsehlandschaft jetzt durchaus nervigere Quasselstrippen aufgefallen als ausgerechnet Bartels, der 2014 äußerst eloquent das WM-Finale und den Sieg der deutschen Nationalmannschaft kommentiert hatte, und auch regelmäßig beim Skispringen und anderen Sportveranstaltungen am Mikrofon steht.
Dennoch will der bereits mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Sportreporter weiter daran arbeiten, sein Publikum nicht während der gesamten Übertragungszeit zuzutexten, sondern ihm hin und wieder Momente der Ruhe zu gönnen. Auch wenn ihm dies besonders zum Start der Fußballsaison oder am Winterbeginn schwerfalle, wie er gesteht. "Vielleicht weil dann der Gedanke kommt, du musst erst mal wieder allen zeigen, dass du ja total im Thema bist."
Das wiederum ist eher eine Seltenheit im deutschen Fernsehen. Dass Menschen ihre 16.000 Wörter nur dann heraussprudeln lassen, wenn sie zu einem Thema wirklich etwas zu sagen haben.
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