Verbraucherschützer machen Bausparern etwas Hoffnung
Mehr als eine Viertelmillion Bausparverträge sind seit 2015 gekündigt worden, weil die Sparer lieber Guthabenzinsen haben wollen, anstatt ein Darlehen abzurufen. Das ist rechtmäßig, urteilte der BGH. Aber nicht in allen Fällen, sagen nun Verbraucherschützer.
Nach einer Niederlage vor dem Bundesgerichtshof (BGH) im Streit um Bausparverträge wollen sich Verbraucherschützer nicht geschlagen geben. Deutschlands oberstes Zivilgericht hatte im Februar geurteilt, dass die Kündigungen von relativ gut verzinsten Altverträgen rechtmäßig sind.
Dieses Urteil gelte aber nicht pauschal für alle Altverträge, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Bestimmte Bonusverträge, bei denen Kunden neben Guthabenzinsen noch eine Extrazahlung bekommen, könnten aus dem pauschalen Anwendungsbereich des Urteils herausfallen. Daher müssten wohl mehrere Tausend Kündigungen zurückgenommen werden, sagt Nauhauser.
Verglichen mit der Gesamtzahl der gekündigten Altverträge - schätzungsweise mehr als 250 000 - wäre das nur ein Bruchteil. Bei Bausparverträgen gibt es eine Sparphase und eine Darlehensphase. Hat ein Sparer genug Geld angespart, ist der Vertrag zuteilungsreif - dann kann er ein relativ niedrig verzinstes Darlehen abrufen. Wegen der von der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgegebenen Niedrigzinsphase sind klassische Kredite heutzutage aber oft billiger zu haben als normale Bauspardarlehen - daher verzichten viele Sparer auf das Abrufrecht und kassieren stattdessen lieber weiter Guthabenzinsen von zumeist etwa drei Prozent.
Das wiederum setzte die Bausparkassen unter Druck, die ab 2015 massenhaft Altverträge gekündigt haben, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren. Laut BGH sind die Kündigungen rechtmäßig.
Nach Veröffentlichung des schriftlichen Urteils weist die Verbraucherzentrale aber darauf hin, dass das Kündigungsrecht laut BGH-Urteil nur "für den Regelfall" anwendbar sei. Für bestimmte Bonusverträge deute der BGH an, dass die Rechtslage anders zu bewerten sei, sagt Nauhauser. Bei Bonusverträgen bekommt der Kunde eine Prämie, etwa wenn er lange spart - dadurch wollen die Kassen sicherstellen, dass Kunden ihr Guthaben nicht plötzlich abheben.
Laut BGH-Urteil ist in solchen Fällen nicht der Zeitpunkt der Zuteilungsreife, sondern die Erlangung des Bonus entscheidend - zehn Jahre nach diesem Zeitpunkt darf gekündigt werden. "Das heißt auch: Im Licht des Urteils war nun doch ein Teil der Kündigungen rechtswidrig, weil sie zu früh ausgesprochen wurden", sagt Nauhauser. Sollte er recht haben, würde sich der rechtmäßige Zeitpunkt der Kündigung um einige Jahre verschieben - dadurch könnten betroffene Bausparer möglicherweise doch noch hohe Guthabenzinsen einstreichen.
Der Chef der Landesbausparkasse (LBS) Südwest, Tilmann Hesselbarth, zeigt wenig Verständnis für das Vorgehen der Verbraucherschützer: "Ein BGH-Urteil sollte man akzeptieren." Er räumt aber ein, dass sich die für die Kündigung relevante Zeitachse "möglicherweise in Einzelfällen bei bestimmten Bonustarifen verschieben" könnte. Der Anteil der Bonustarife am Gesamtbestand der LBS Südwest liegt den Angaben zufolge bei rund 20 Prozent. "In der Regel fällt bei unseren Bonustarifen die Zuteilungsreife mit dem Bonusanspruch zusammen, daher verändert sich bei ihnen gar nichts - diese Verträge sind zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar", sagt Hesselbarth.
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