Stau-Stadt Karlsruhe? Verkehrsexperte erklärt, was den Verkehr am stärksten bremst
Auf der Rangliste der Firma Inrix für die weltweit am meisten von Verkehrsstaus betroffenen Städte liegt Karlsruhe im oberen Mittelfeld. Platz 346 von 991 nimmt die Fächerstadt ein, was eine Verzögerung von 28 Stunden im Jahr für Autofahrer bedeutet. Doch wie kommt es zu dieser Einschätzung? Wieso entstehen so viele Staus und kann man Karlsruhes Stauhotspots bestimmen?
28 Stunden. So lange steht ein Autofahrer innerhalb Karlsruhes durchschnittlich im Stau. Zumindest besagt das eine Studie der US-amerikanischen Verkehrsdatenanalysefirma Inrix. Natürlich stellt sich dabei nahezu jeder Autofahrer die Frage: Wie vermeidet man es, im zähflüssigen Stop and Go steckenzubleiben und wo entstehen überhaupt die meisten Staus?
Keine Daten zu den Stau-Hotspots
Auf die letzte Frage fällt die Antwort enttäuschend aus. Spezifisch für Karlsruhes Stadtgebiet erweist es sich schwer, verlässlich Daten über etwaige Ballungszentren für Verkehrsstaus zusammenzutragen. Auf Anfrage von ka-news.de erklärt die Stadtverwaltung, sie erheb keine Verkehrsanalysedaten zu Staus und könne daher keine Angaben machen.
Stattdessen verweist die Stadt Karlsruhe auf das Regierungspräsidium, das jedoch eine ähnliche Antwort gibt. Auch die Karlsruher Polizei und das baden-württembergische Verkehrsministerium können keine Daten zur Staubildung liefern und schlagen ihrerseits die Stadtverwaltung oder das Regierungspräsidium als Ansprechpartner vor.
"Stau ist eine Nachfrage oberhalb der Kapazität"
Da sich die Quellenlage zu den Stau-Hotspots von offizieller Seite als eher spärlich herausstellt, sucht ka-news.de die Informationen auf akademischem Wege.
Christoph Hupfer ist Professor für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik. Wo genau die am stärksten verstopften Verkehrsadern der Fächerstadt zu finden sind, kann er zwar auch nicht beantworten, wohl aber, an welchen Orten und zu welcher Zeit sich üblicherweise die meisten Staus bilden.
"Stau ist immer eine Nachfrage oder ein Verkehrsaufkommen oberhalb der Kapazität", sagt Hupfer. Er entstehe dann, wenn die Infrastruktur der schieren Masse an Autos nicht mehr gewachsen ist. Das könne verschiedene Gründe haben und somit in unterschiedlichsten Verkehrssituationen entstehen.
Die Südtangente als Beispiel
"Ist die Fahrbahn selbst nicht beeinträchtigt, sind Einmündungen, Kreuzungen und die Vorfahrtsregelung, sei es durch Signalisierung oder Beschilderung, die häufigsten Stauursachen", sagt er weiter. "Sehr oft auch dort, wo sich die Fahrbahn verengt."
Als Beispiel nennt Hupfer die Südtangente in Karlsruhe: "Vor dem Kühlen Krug mündet die B36 in die Südtangente. Das kann zur Überlastung führen, da der Südtangente dort ein Fahrstreifen wegfällt." Aus diesem Grund sei es laut Hupfer auch nicht sinnvoll, ohne Verkehrsregelung die zweite Rheinbrücke nach Karlsruhe zu eröffnen.
"Der Verkehr der neuen Brücke muss nach Norden ausweichen können. Sonst würden wir einfach über zwei Brücken auf die zweistreifige Südtangente fahren, um dort unverändert im Stau zu stehen", so der Experte.
Baustellen als zweiter Hauptgrund
Dies gelte natürlich nur bei nicht beeinträchtigter Fahrbahn. In einer Stadt wie Karlsruhe, deren Vielzahl an Baustellen über die letzten Jahre geradezu notorisch war, staue sich der Verkehr vor allem bei einer verengten Straßenführung.
"Die Baustelle am Karoline-Luise-Tunnel und am Edeltrudtunnel waren gute Beispiele, vieles hat sich aber im Laufe des letzten Jahres gebessert, da einige Baustellen abgeschlossen wurden", so Hupfer.
Hauptverkehrszeiten und Schnäppchenjagd
Dennoch könne man an einer Baustelle fast zwangsläufig mit Stau rechnen - zumindest zu den Stoßzeiten des Autoverkehrs. "Diese sind noch immer die Spitzenstunden im Berufsverkehr. Lokale Spitzen treten im Bereich von Schulen auf. In den Schulferien hingegen, die in der Regel auch Urlaubszeiten sind, fahren weniger Menschen zur Arbeit und die Spitzenstundenstaus fallen weg", so Hupfer.
Aber nicht nur der Berufsverkehr habe schon für den ein oder anderen Stau gesorgt, wie Hupfer fortfährt: "Es gibt auch mal Situationen, wenn ein Discounter besondere Angebote hat. Dann sind es mal die Schnäppchenjäger, die eine erhöhte Verkehrsbelastung auslösen. Diese trifft des Öfteren auf Kreuzungen, die dafür nicht ausgelegt sind. Dann entsteht dort die Überlastung, verbunden mit Staus."
"Pfadfinderversuche" meist nicht erfolgreich
Wenn es nun aber so viele Ursachen und Potenziale für Staubildung auf Karlsruhes Asphalt gibt - existiert dann überhaupt die Möglichkeit, Staus zu vermeiden oder zumindest nicht in ihrer Mitte zu landen?
"Na ja, da gibt es nicht viel Neues", erklärt Hupfer. "Zumindest nicht, wenn man im Auto bleibt. Man kann natürlich die Echtzeitverkehrsdaten und Navigationssysteme optimieren. Bei spontanen Überlastungen durch Unfälle oder erweiterten Baustellen ist das Navi das Verlässlichste. Eigene Pfadfinderversuche sind in der Regel nicht sehr erfolgreich."
Auto stehen lassen als Möglichkeit?
Wer trotzdem ganz sicher gehen will, nicht irgendwann im Stau zu stehen, dem rät der Professor, das Auto stehenzulassen. "Karlsruhe verfügt über einen wirklich guten öffentlichen Personennahverkehr und eine gute Radverkehrsinfrastruktur, die stets weiter verbessert werden. Von Karlsruhe nach Stuttgart mit dem Auto zu fahren, ist einfach keine staufreie Idee. Da ist die Bahn hingegen prima unterwegs", sagt er.
"Es ist oft die Kombination aus anderen Verkehrsmitteln und dem Vermeiden der Stoßzeiten, die eine entspannte Reise ermöglichen. Wer ausschließlich auf den Autoverkehr setzt, wird noch lange im Stau stehen."
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