Brüssel warnt Verbraucher vor Schnüffel-Chips
Schnüffelchips werden sie genannt. Denn wer in Kleidung, Ausweis oder Rabattkarte diese moderne Technologie namens RFID bei sich trägt, kann samt allen persönlichen Daten erfasst und gespeichert werden - ohne es zu merken.
Von Detlef Drewes
Brüssel. Schnüffelchips werden sie genannt. Denn wer in Kleidung, Ausweis oder Rabattkarte diese moderne Technologie namens RFID (Radiofrequenz-Identifikation) bei sich trägt, kann samt allen persönlichen Daten erfasst und gespeichert werden, ohne es zu merken.
Die Versuchung sei groß, solche Chips häufiger zu verwenden, heißt es bei Computer-Experten. Der Handel will wissen, wie lange ein Kunde vor einem Regal steht, welchen Bereich eines Geschäfts er gar nicht aufsucht, Kaufgewohnheiten lassen sich erfassen. Die entsprechenden Kunden-Rabattkarten sind so verbreitet, dass bereits überlegt wird, die nächste Generation mit RFID-Technologie zu bestücken. Der neue EU-Pass enthält sie bereits.
Geht der Besitzer mit dem Dokument in der Tasche zum Beispiel beim Betreten eines öffentlichen Gebäudes an einem Scanner vorbei, könnten unbemerkt alle hinterlegten Informationen ausgelesen werden. Ein Albtraum, heißt es bei der EU-Kommission in Brüssel. Viviane Reding, die luxemburgische Kommissarin, die für alles zuständig ist, wo Funkwellen im Spiel sind, schlug jetzt Alarm: Wenn es um personenbezogene Daten geht, sollten die europäischen Verbraucher die Gewissheit haben, dass ihre Privatsphäre auch in einem sich verändernden Umfeld geschützt bleibt. Brüssel will den Datenschutz garantieren.
Mit diesem Vorstoß muss man sich allerdings beeilen. Bisher wird die RFID-Technik im großen Stil nur bei der Sicherung von Kaufhauswaren vor Diebstahl benutzt. Einige Konzerne experimentieren aber bereits weitergehende Anwendungsmöglichkeiten der Technologie. Und das keineswegs nur, um ihre Produkte zu schützen. Die Europäische Zentralbank führt seit Jahren Gespräche mit den Herstellern der Mini-Chips über die Frage, ob auch Geldscheine auf diese Weise erfasst werden könnten. Technisch sei das kein Problem, heißt es. Politisch wäre die Verfolgung eines Scheins aber nicht durchzusetzen, es würde den Verbraucher vollständig transparent machen.
Die EU-Kommission verfolgt das Thema schon lange, mischte sich bisher aber noch nicht ein. Schließlich sind in dem neuen EU-Pass genau diese Schnüffel-Chips eingebaut, um die biometrischen Merkmale zu speichern.
Kommissarin Reding denkt darüber nach, in einem Gesetzentwurf drei Dinge klarzustellen: Alle Produkte oder Ausweis-Karten, die einen RFID-Chip enthalten, sollen einen Hinweis darauf tragen. Persönliche Daten dürfen nicht heimlich ausgelesen werden. Bei gekauften Waren müssen die Chips unmittelbar nach dem bezahlen vollständig entfernt werden.
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