Griechen sorgen für nächtlichen Eklat in der Euro-Gruppe
Nächtlicher Eklat in der Euro-Gruppe: Der griechische Premier Tsipras pfeift seinen Finanzminister Varoufakis zurück – und reicht tags darauf Angela Merkel die Hand.
Es ist der Händedruck dieses europäischen Gipfeltreffens. Von Distanz ist nichts zu spüren. Fast freundschaftlich lächelt Alexis Tsipras die Frau an, die er während seines Wahlkampfes so geschmäht hat – und geht auf sie zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel ergreift die ihr angebotene Hand, gratuliert zum Wahlsieg, spricht ein paar freundliche Worte.
„Ich bin froh, dass wir hier zusammenkommen, um einen Weg zu finden, Europa wieder mehr Wachstum zu bringen“, hatte der neue griechische Premierminister wenige Minuten zuvor den wartenden Journalisten zugerufen. „Ich freue mich, Herrn Tsipras begrüßen zu können“, sagte die deutsche Regierungschefin kurz darauf in die bereitstehenden Mikrofone. „Europa hat es immer ausgezeichnet, Kompromisse zu finden. Deutschland ist dazu bereit.“
Tsipras pfeift Varoufakis zurück
Keine Spur mehr von dem Eklat der Nacht zuvor, als die 18 Finanzminister der Euro-Zone fast schon entnervt den Versuch aufgegeben hatten, eine gemeinsame Erklärung mit ihrem griechischen Kollegen Gianis Varoufakis abstimmen zu können. Dabei war der Finanzminister, wie Teilnehmer berichteten, schon bereit gewesen, einer Fortsetzung der Reformen in seiner Heimat zuzustimmen, wenn die Euro-Partner dafür ihr Hilfsprogramm noch über den 28. Februar hinaus verlängern würden. Beide Parteien sagten zu.
Doch dann habe Varoufakis sich telefonisch mit Regierungschef Tsipras abstimmen wollen – und der pfiff ihn zurück. Zwar bestritt der Athener Finanzminister die Darstellung später über den Kurznachrichtendienst Twitter. Die geplatzte Einigung aber konnte er nicht vom Tisch wischen. Ein unguter Auftakt für den Tsipras-Einstand nur Stunden später.
Dass der Grieche dieses informelle Treffen der Staats- und Regierungschefs beherrschen könnte, wollte niemand zulassen. Athen sei „nur am Rande“ ein Thema, betonten mehrere Regierungschefs. Frankreichs Staatspräsident François Hollande, der als „Pate“ des griechischen Premierministers gilt, nahm ihn unmittelbar vor Beginn der Beratungen beiseite und wechselte erkennbar ernste Worte mit ihm. Zu diesem Zeitpunkt war noch unklar, ob es – wie einige Diplomaten behaupteten – zu einem spontanen bilateralen Gespräch zwischen Merkel und Tsipras kommen würde. Fest stand nur, dass irgendein Signal von Brüssel ausgehen musste, um den Fahrplan für die Sanierung Athens entweder zu kippen oder zu verlängern.
„Es gibt Abmachungen, die gelten“
„Die Positionen der EU sind bekannt“, sagte die litauische Staatspräsidentin und frühere EU-Kommissarin, Dalia Grybauskaité. „Es gibt Abmachungen, die gelten.“ Das Unverständnis für die Forderung nach einem Schuldenverzicht war nahezu einhellig. Selbst bei den Regierungschefs, auf deren Unterstützung Alexis Tsipras zunächst gehofft hatte, blitzte der Grieche am Donnerstag ab. „Hier gibt es keinen Spielraum für Entgegenkommen, wenn Athen nicht seine Verpflichtungen erfüllt“, hieß es immer wieder.
Dabei bräuchte die neue griechische Führung lediglich die Signale aus Brüssel und anderen Hauptstädten aufzugreifen, um sich zu Hause als Sieger zu verkaufen, verlautete am Rande des Gipfels. Sowohl was die Ablehnung der Troika angeht als auch bei der Frage der Zeit wäre der Euro-Raum offen für Bewegung. Berlin habe, so wurde kolportiert, sogar Bereitschaft gezeigt, eine Zwischenfinanzierung in Höhe von rund 20 Milliarden Euro mitzutragen, damit Athen nicht kurz nach dem Stichtag pleite ist.
„Tsipras muss nur in die dargebotene Hand einschlagen“, sagte ein Mitglied der französischen Delegation. Dann könnten die Finanzminister, die am Montag wieder zusammenkommen, alles unter Dach und Fach bringen.
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