Spielsucht: EU will strengere Regeln für Glücksspiel
Nach Schätzungen leiden 0,1 bis 0,8 Prozent der Erwachsenen an Spielsucht. Als besonders gefährlich gelten viele Online-Angebote. Jetzt plant die EU neue Regeln.
Der Traum vom großen Glück lebt. Aber er kostet zu viele Jugendliche und Erwachsene ihr Lebensglück. „Wir brauchen bessere Schutzmöglichkeiten für Spielsüchtige und junge Menschen“, heißt es daher von der Europäischen Kommission. Sie will die Mitgliedstaaten zwingen, innerhalb der nächsten 18 Monate massive Einschnitte bei den Online-Lotterien und Glücks-Oasen einzuführen.
EU will Glücksspiel strikter reglementieren
Neben ausreichender Information für den Verbraucher gehören dazu Zugangssperren für Minderjährige unter 18 Jahren, Beschränkungen der Werbung im Datennetz sowie in Rundfunk und Fernsehen. Die Registrierung als Spieler soll nach den Vorstellungen der EU-Behörde gründlicher werden und es den Betreibern auch ermöglichen, User anzusprechen, falls diese Hinweise auf Spielsucht zeigen.
Unabhängig davon will Brüssel erreichen, dass jeder Spieler Ausgabenlimits und zeitliche Schranken festlegen kann. „Wir müssen alle Bürger, und insbesondere unsere Kinder, vor den Risiken des Glücksspiels schützen“, erklärte dazu EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier. „Nun ist es an den Mitgliedstaaten sowie den Glücksspielbetreibern, in diesem schnell wachsenden digitalen Sektor das von uns angestrebte hohe Verbraucherschutzniveau in der EU sicherzustellen.“
Glücksspiel: Schleswig-holsteinischer Sonderweg in der Kritik
Was das für Deutschland heißen wird, ist allerdings noch nicht ganz sicher. Denn hierzulande streiten die Länder einmal mehr über den bestehenden Glücksspielvertrag aus dem Jahr 2012. Auslöser ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), das vor wenigen Wochen erging. Darin wird ein schleswig-holsteinischer Sonderweg nachträglich gebilligt, den das Land bis 2013 eingeschlagen hatte, indem es den Online-Glücksspielmarkt liberalisierte und viele Genehmigungen ausstellte. Die Ministerpräsidenten verständigten sich damals darauf, das Lottomonopol des Staates aufrechtzuerhalten, die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele wie Poker oder Casino im Internet aber weiter zu untersagen. Gleichzeitig schufen sie Ausnahmen, um Online-Lotterien und Sportwetten zu erlauben.
Davon machte allerdings nur die damalige Kieler Landesregierung Gebrauch. Sie zertifizierte eine ganze Reihe von Glücksspielen mit der Begründung, den Schwarzmarkt zu bekämpfen. Allerdings wurde dieser Sonderweg nach dem Regierungswechsel an der Förde wieder beendet, die Lizenzen laufen aber teilweise bis 2017 weiter. Somit muss auch die Bundesrepublik die Brüsseler Vorgaben nun zügig übernehmen, auch wenn davon nur sehr wenige lizenzierte Online-Betreiber solcher Angebote betroffen sind.
Glücksspielvertrag wieder vor Gericht
Hinzu kommt, dass der Glücksspielvertrag Gegenstand eines weiteren Verfahrens vor dem EuGH ist. Sollten die Richter so Recht sprechen, wie das allgemein erwartet wird, wäre der Staatsvertrag ohnehin nicht mehr zu halten, weil – so sagen Kritiker voraus – das Dokument die Niederlassungsfreiheit der Betreiber zu sehr einschränke. Falls der Hof sein Urteil so begründet, müssten die Länder zumindest das generelle Verbot von Casino-Spielen und Lotterien aufheben.
Vor diesem Hintergrund, so hieß es gestern in Brüssel, müsse auch Deutschland die neuen Vorschriften umsetzen. Denn nur so könne verhindert werden, dass Brüssel mit einem eigenen Gesetz alle Mitgliedstaaten an die Leine legt. Schließlich seien die Zahlen dramatisch. Immerhin 0,1 bis 0,8 Prozent der Erwachsenen leiden Schätzungen zufolge an Spielsucht, bei 0,1 bis 2,2 Prozent der Nutzer sei ein potenziell problematisches Spielverhalten zu beobachten.
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