Kaeser und Kugel könnten sich bei Siemens bald trennen
Das Verhältnis der Siemens-Personalchefin zum Konzern-Boss soll angespannt sein. Und wie geht es mit Kaeser selbst weiter? Auch hier kocht die Gerüchteküche.
Die Zeiten der lange gut wirkenden Zusammenarbeit zwischen Siemens-Boss Joe Kaeser und seiner Personal-Chefin Janina Kugel könnten bald zu Ende sein. Noch wird das offiziell nicht bestätigt, auch wenn sich ein entsprechender Bericht des Handelsblattes liest, als würde es genauso kommen.
Nach den nun in München kursierenden Gerüchten, die das Unternehmen wie Arbeitnehmervertreter standhaft nicht kommentieren, aber auch nicht dementieren, würde die wohl bekannteste und stärkste Frau in einem Vorstand der 30 Gesellschaften des Deutschen Aktienindex Ende Januar 2020 gehen.
Nach diesen Informationen hat es seitens der Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat Kritik an Kugel gegeben. Danach offenbare sie im Personalmanagement Schwächen. „Inhaltlich ist sie bei manchen Themen nicht ganz so tief drin“, wird ein Berater zitiert. Wegen Kugel seien auch qualifizierte Kräfte in der Personalabteilung gegangen. Zuletzt habe sie nicht mehr mit Kaeser harmoniert.
Von unterschiedlichen Auffassungen und offensichtlicher Entfremdung ist die Rede. Bei einem großen Mitarbeitertreffen in München sei Kugel, obwohl sie im Haus gewesen sei, nicht mit dem Siemens-Chef auf dem Podium erschienen. Mehr Details drangen noch nicht an die Öffentlichkeit. Die 49-jährige Kugel schweigt. Sie sollte auf alle Fälle keine Probleme haben, ein neues Spitzenamt zu ergattern. Bei Adidas sei sie schon im Gespräch gewesen, heißt es zum Beispiel.
Siemens-Boss Kaeser hat seiner Personalchefin viel zu verdanken
Dabei hat Kaeser der Stuttgarterin enorm viel zu verdanken, war sie es doch, die alle Personal-Abbauprogramme des Niederbayern umgesetzt hat, ohne dass es zu Dauer-Konflikten mit der Belegschaft kam. Die Vorstandsfrau hat also die Kärrnerarbeit für den großen Twitter-Meister Kaeser brav erledigt.
Wie geht der Siemens-Konflikt für den Konzern-Boss selbst aus? Vielleicht herrscht am Mittwochabend nach der an dem Tag stattfindenden Siemens-Aufsichtsratssitzung mehr Klarheit, zumindest was Kugel betrifft. Was Kaeser angeht, lohnt eine genauere Alters- und Vertragsanalyse. Denn der Manager ist am 23. Juni 1957 geboren und damit 62 Jahre alt. Er verfügt noch über einen Vertrag bis Anfang 2021. Ob Kaeser dann über 63 hinaus ein wenig verlängert, ist noch unklar.
Zwei Nachfolge-Kandidaten bei Siemens für Personalchefin Kaeser
Nach einer Theorie dürfte „Mister Siemens“ bleiben, allein um sein radikales Werk, also den Umbau des Konzerns und damit zuletzt die Abspaltung der Energiesparte, zu vollenden. Danach müssten sich Kaesers hausinterne Nachfolge-Kandidaten, die Vorstandsmitglieder Michael Sen, 50, und Roland Busch, 54, noch gedulden. Sen ist Kaeser vom Typ her nicht unähnlich, doch nach Informationen dieser Redaktion hat der oberste Technik-Chef Busch derzeit etwas die Nase vorne.
Nach der Version könnte Sen künftig auch die abgetrennte Energiesparte leiten, vielleicht sogar einmal mit einem Aufsichtsratsvorsitzenden Kaeser an der Seite. Gemäß einer anderen, durchaus in München diskutierten Variante würde der Siemens-Chef im Herbst unter Druck geraten, sich zu erklären, wie es mit ihm selbst weitergeht. Mancher kann sich vorstellen, dass Kaeser eine Verlängerung des Vertrages nicht vergönnt ist. Dann bliebe vom einstigen Manager-Traum-Duo „Kaeser/Kugel“ nichts mehr übrig.
Am Ende, wird gemunkelt, taucht der sich ohnehin immer mehr in die Gesellschaft einmischende Siemens-Chef vielleicht sogar einmal in der Politik auf. Auch Kugel wird sich sicher weiter in Szene zu setzen wissen. Die Managerin mit der dunklen Hautfarbe erinnerte einmal an einen Tag, als sie mit fünf Jahren an einem Fußballplatz vorbeiging und einer nach dem anderen „kleiner Neger“ zu ihr rief. So ein Vorfall setzt manchem lebenslang zu. Kugel machte er selbstbewusst.
Wenn im Management ein Alpha-Mann wie jetzt bei Siemens auf eine Alpha-Frau trifft, tauchen interessante Fragen auf: Ist die Gleichberechtigung schon so fortgeschritten, dass sich beide als starke Persönlichkeiten auf Augenhöhe sehen und im Sinne des ganzen Unternehmens wohlwollend zusammenarbeiten? Was passiert, wenn es mal knirscht im beruflichen Beziehungsgebälk, aus Empathie ganz agil Antipathie wird? Gibt dann der Mann als Gentleman nach oder zieht die Frau doch noch den Kürzeren?
Die Sache erinnert an den Fall von Valerie Holsboer in der Bundesagentur
Zumindest was die Bundesagentur für Arbeit betrifft, lässt sich die Frage nach dem jüngsten Machtkampf zwischen einem starken Mann und einer starken Frau nicht eindeutig beantworten. Denn zunächst ging die Frau, dann folgte ihr nach einem den Ruf der Behörde massiv beschädigenden Zoff eben jener Mann nach, dem nachgesagt wird, die Kollegin hinausgedrängt zu haben. Das Muskelspiel bekam Kontrahentin wie Kontrahent schlecht. Die angesehene und selbstbewusste Managerin Valerie Holsboer, 42, musste ihr Amt als Personal- und Finanzchefin der Bundesagentur bekanntlich räumen, wohl auch, weil sie dem Mann, der sie für die Arbeitgeberfraktion auf eben diesen Spitzenposten gehievt hatte, zu eigenständig und durchsetzungsstark geworden war.
Nachdem Holsboer des Kämpfens müde war und sich zurückzog, kündigte ihr Widersacher, der 64-jährige Arbeitgebervertreter Peter Clever, an, es ebenso zu halten. Letztlich hat sich das Fingerhakeln für beide – den Alpha-Mann und die Alpha-Frau – nicht ausgezahlt.
Könnte es sich am Ende so ähnlich auch bei Siemens zutragen? Ist das die Blaupause für den Münchner Konzern? Das zeigt sich erst in den nächsten Monaten. Wenn jedenfalls starke Managerinnen auf ebensolche Manager treffen, verhält es sich letztlich nicht viel anders, als wenn zwei mit ausgeprägtem Selbstbewusstsein bepackte Männer aufeinanderprallen. Oft geht dann einer, gelegentlich treten sogar beide ab.
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