Manroland schickt Mitarbeiter heim
Firma reagiert darauf, dass Beschäftigte sich nicht auslagern lassen wollen
Die Verhandlungen zwischen Manroland web systems, dem Gesellschafter Possehl und der IG Metall über die Ausgliederung von rund 300 der 1070 am Standort Augsburg beschäftigten Mitarbeitern in eine Produktionsgesellschaft haben eine neue Stufe erreicht. Nachdem am Donnerstagvormittag rund zehn Mitarbeiter von der gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, einem Übertritt in die Produktionsgesellschaft zu widersprechen, sind sie mit sofortiger Wirkung freigestellt worden.
„Die Freistellungen kamen für die Betroffenen, aber auch für Betriebsrat und IG Metall völlig überraschend und waren vorher nicht angekündigt worden“, ärgert sich Michael Leppek, Chef der IG Metall Augsburg. Den Mitarbeitern sei zwar bewusst gewesen, dass dieser Schritt theoretisch möglich ist, die Personalsituation und die bisherigen Verhandlungen hätten aber eine andere Reaktion vermuten lasen. Man sei davon ausgegangen, dass ein Widerspruch zur Prüfung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten führt, sagte Leppek. So komme es auch zu der bizarren Situation, dass an Maschinen völlig unvermittelt Mitarbeiter fehlten, was den reibungslosen Ablauf der Produktion ins Wanken bringen könnte. „Auch die Vorgesetzten hat der Schritt offenbar eiskalt erwischt“, sagt Leppek.
Manroland web systems selbst sieht die Lage anders. „Wir haben den Mitarbeitern in der Produktionsgesellschaft einen Arbeitsplatz zu gleichen Konditionen wie bisher angeboten. Inklusive Beschäftigungszusage bis 2019. Mit dem Widerspruch haben sie dieses gute Angebot bewusst abgelehnt“, begründet Daniel Raffler, Mitglied der Manroland-Geschäftsführung, die Freistellungen. Diese könnte im Übrigen zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben werden. Ob das geschieht – und wenn ja wann – sei aber noch nicht abzusehen. „Dazu müssen wir die weiteren Entwicklungen abwarten“, sagte Raffler.
Bei den betroffenen Arbeitnehmern und ihren Vertretern saß der Schock am Donnerstagvormittag trotzdem tief. „Es war schlimm, mit anzusehen, wie Mitarbeiter, die seit 25 oder 30 Jahren bei Manroland arbeiten, ihre Sachen packen und gehen“, beschreibt der Betriebsratsvorsitzende Sascha Hübner die Situation. Es seien auch Tränen geflossen und Erinnerungen an Zeiten der Insolvenz geweckt worden. „Das hat für Unsicherheit gesorgt“, berichtet er. IG-Metall-Vertreter Leppek geht sogar noch einen Schritt weiter: „Da wird jetzt ein Klima der Angst geschürt und Druck ausgeübt. Ich bin mal gespannt, ob nach den Vorfällen heute noch weitere Widersprüche folgen.“ Die entsprechende Frist dafür endet am kommenden Dienstag.
Zum Hintergrund: Manroland web systems hatte am 25. Januar 2017 angekündigt, rund 300 Mitarbeiter in eine Produktionsgesellschaft auszugliedern. Sie soll externe Aufträge in neuen Märkten holen. Auf diese Weise wolle man frühzeitig dem rückläufigen Markt im Bereich Druckmaschinen entgegenwirken und betriebsbedingte Kündigungen verhindern. Erste Erfolge der Produktionsgesellschaft seien bereits erkennbar: Es seien erste Aufträge an Land gezogen worden.
Die Gewerkschaft IG Metall kann die Sinnhaftigkeit der Produktionsgesellschaft dagegen nicht nachvollziehen und bemängelt die Ausgliederung ohne Abschluss der Verhandlungen mit dem Betriebsrat. „Das ist für mich ein einmaliger Vorgang“, kritisiert Leppek. Zumal Manroland kein völliger Sanierungsfall sei und der Gesellschafter Possehl im vergangenen Jahr das beste Ergebnis der Firmengeschichte erzielen konnte.
Die Diskussion ist geschlossen.