Der Peanuts-Vergleich wurde für Hilmar Kopper zum Fluch
Die unbedachte Formulierung haftete an ihm. Dabei hatte es der einstige Chef der Deutschen Bank nicht böse gemeint. Letztlich ging er mit seinem Fehler selbstironisch um.
Das Leben ist manchmal ungerecht. Ein unbedachtes Wort genügt, um fortan immer wieder vorwurfsvoll daran erinnert zu werden. Dabei war es bei Hilmar Kopper nur ein kleines Ding – genauer gesagt die Erdnuss – die sich für ihn zu einem riesigen Felsbrocken allgemeiner Empörung auswachsen sollte. Wie oft mag es der langjährige Chef der Deutschen Bank verflucht haben, in einem unbedachten Moment – seinem fatalen Erdnuss-Moment – Englisch von „Peanuts“ gesprochen zu haben, um damit den Schaden von einst, rund 50 Millionen D-Mark, zu umschreiben, der Handwerkern als Folge der Insolvenz des Bau-Löwen Jürgen Schneider entstanden ist. Kopper schien sich zunächst im April 1994 nicht die Tragweite seines erdnussigen Vergleichs bewusst zu sein, was die Sache noch schlimmer machte.
Tragisch war, dass der Manager zu spät bemerkte, dass es keine „Peanuts“ waren, die er angerichtet hatte, sondern dass er seinen und den Ruf der Deutschen Bank mit der wohl als flapsig gemeinten Äußerung langfristigen Schaden zugefügt hat. Sein Verhalten wurde ihm als arrogant ausgelegt. Er habe die Sorgen kleiner Handwerker, die sich durch Jürgen Schneider hinter das Licht geführt sahen, als Vertreter der größten privaten Bank der Republik heruntergespielt, ja sich darüber lustig gemacht.
Darauf hatte es Kopper nicht angelegt. Der Finanz-Fachmann wollte nur festhalten, dass die zweistellige Millionensumme im Vergleich zu den Milliardenforderungen in der Sache „Jürgen Schneider“ gering sei. Es stand kein böser Wille hinter seinem Peanuts-Vergleich. Es wurde aber klar, wie sehr sich Kopper von der Welt normaler Menschen entfernt hatte. Um es psychologisch zu sagen: Mit dem aus nur sieben Buchstaben bestehenden Wort bestätigte der Mann des Geldes alle Vorurteile gegenüber Kapitalisten.
Hilmar Kopper wies der Deutschen Bank den Weg ins Investmentbanking
Dabei war Kopper, der – wie jetzt bekannt wurde – mit 86 Jahren starb, kein arroganter Mensch. Der groß gewachsene Mann lachte gerne und konnte seine Gesprächspartner durchaus für sich einnehmen. Er schien auch Humor zu haben: Als alles nichts mehr half, unternahm Kopper einen selbstironischen Versuch, den Peanuts-Fluch abzustreifen. Für die „Kluge-Köpfe“-Kampagne der FAZ ließ er sich auf einer Farm in den USA sitzend auf einem Anhänger voller Erdnüsse ablichten. Doch es gelang ihm nicht, seinen Ruf dadurch aufzupolieren. „Peanuts“, das Unwort des Jahres 1994, wird mit seiner Person wohl noch lange verbunden bleiben.
Dabei ist es viel zu klein gedacht, Kopper auf das Erdnuss-Thema zu begrenzen. Der Mann dachte nämlich, als er nach der Ermordung von Alfred Herrhausen die Leitung der Deutschen Bank übernahm, in großen, ja größten Dimensionen. Er wies dem Finanz-Konzern den Weg in das globale, margenträchtige, aber auch riskante Investmentbanking. Dahinter steckte eine an sich nachvollziehbare Überlegung: International tätige deutsche Unternehmen brauchen einen Partner, der sie weltweit bei ihren Geschäften begleitet. Doch wiederum verkehrte sich etwas von Kopper gut Gemeintes in etwas Fatales: Mit dem Investmentbanking einher gingen Gehalts- und Boni-Exzesse der Geld-Jongleure. Manch Investment-Star nahm es mit den Gesetzen nicht genau, was der Deutschen Bank satte Strafen einbrachte. Von den Auswüchsen der Vergangenheit hat sich das Institut immer noch nicht erholt. Der Drang nach Größe kann einen am Ende kleinmütig machen. Ähnlich erging es dem von Kopper als Daimler-Aufsichtsratschef unterstützten Ex-Konzern-Boss Jürgen Schrempp: Er griff mit der Chrysler-Übernahme nach den Sternen und landete im Staub.
Hilmar Kopper als "Vorbild für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter"
Kopper galt bald als Banker, nicht mehr als Bankier, wie noch sein schöngeistiger Vorgänger Herrhausen. In zweiter Ehe war er mit Brigitte Seebacher, der einstigen Ehefrau Willy Brandts verheiratet. In der Deutschen Bank genießt Kopper noch Anerkennung. Konzern-Chef Christian Sewing sagte: „Er war ein Vorbild für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Doch viele Managerinnen und Manager führen sich seit 1994 Koppers Peanuts-Schicksal vor Augen und überlegen sich jedes Wort genau.
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Wenn es zutrifft, dass (wie in einem Leserbrief in der
heutigen Druckausgabe ausgeführt) "auf Initiative von
Hilmar Kopper die Deutsche Bank die Forderungen
der durch die Schneider-Pleite geschädigten Hand-
werker beglichen hat, obgleich dafür keine rechtliche
Verpflichtungbestand", so hätte dies, so meine ich, in
dem Artikel seriöserweise nicht "vergessen" werden
dürfen.......
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(Oder ist die Aussage in dem Leserbrief unzutreffend,
Herr Stahl ??)
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