GDL-Chef Schell ist Widerstand gewohnt
Sein Kampf um höhere Löhne für die Lokführer ist vielen ein Dorn im Auge. Doch GDL-Chef Manfred Schell ist nicht zu bremsen. Zu Beginn seiner Karriere schaufelte er noch Kohle als Heizer, doch er boxte sich nach oben.
Manfred Schell, der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), hat derzeit eine Menge Gegner - die Deutsche Bahn, die Gewerkschaften Transnet/GDBA und Kritiker aus den Gewerkschaftsdachverbänden. Die Bahn wirft ihm eine sture Widerstandshaltung und "irrwitzige" Forderungen vor, die Kollegen der anderen Gewerkschaften verurteilen Schells Alleingang als schädigende Spalterei. Der GDL-Chef zeigt sich davon unberührt - er ist Widerstand gewohnt.
Für seinen Kampf um höhere Löhne für die rund 34 000 GDL-Mitglieder benutzt Schell gerne markige Worte: Der 64-Jährige spricht dann von "Kampfansagen" oder betont, dass die Lokführer bei einem Streik "Gewehr bei Fuß stehen". Zackig und bestimmt kommen seine Stellungnahmen daher - etwas knurrig, manchmal hitzig.
Schell gibt sich unnachgiebig. Er will für die Lokführer und Zugbegleiter einen eigenen Tarifvertrag erstreiten - und deutliche Lohnerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich. Wechselschichten mal morgens, mal nachts und die große Verantwortung: Für den Beruf des Lokführers sei ein Brutto-Einstiegsgehalt von 1970 Euro nicht tragbar, meint er.
Schell weiß, wovon er spricht. Der Sohn eines Lokführers ging Ende der 50er Jahre selbst zur Bahn. Anfangs schaufelte er noch als Heizer Kohle auf der Dampflok. Später stieg der gelernte Maschinenschlosser zum Reservelokomotivführer auf, dann zum Ober- und Hauptlokomotivführer und schließlich zum Betriebsinspektor für Lokomotiven. Heute ist er so etwas wie der Lokführer der Nation. Er hat derzeit in der Hand, ob sich auf der Schiene etwas bewegt. Die jüngsten Warnstreiks der Lokführer legten den Zugverkehr stundenweise bundesweit nahezu lahm.
In die GDL trat Schell 1970 ein. Auch dort war der gebürtige Aachener ein Aufsteiger. Nach drei Jahren leitete er seine Ortsgruppe in Aachen, ein Jahr später wechselte er hauptamtlich in die Zentrale in Frankfurt am Main, seit 1989 ist er Chef der gesamten Gewerkschaft. Selbst in der Politik hat es der Christdemokrat bis in den Bundestag geschafft - wenn auch nur für einige Monate. 1993 zog er über die Landesliste Sachsen-Anhalt als Nachrücker in den Bundestag ein, 1994 war sein politisches Intermezzo wieder beendet. In der Zwischenzeit stimmte er im Parlament gegen die Bahnreform - als einziges Mitglied seiner Fraktion.
Schell sagt oft nein. Im laufenden Tarifstreit mit der Bahn sagte er nein zu Gesprächsterminen und zu Angeboten, die er für keine echten Angebote hält. Einladungen zu gemeinsamen Gesprächen mit der Bahn und Transnet/GDBA schlug er immer wieder aus. Dort gehe es nicht um GDL-Interessen und die Belange der anderen Gewerkschaften interessierten ihn überhaupt nicht, polterte er. Sein Verhältnis zu Transnet-Chef Norbert Hansen gilt als unterkühlt.
2002 kam es zu einem "tiefgehenden Bruch" mit den übrigen Bahngewerkschaften, sagt Schell. Transnet und GDBA hätten damals auf eigene Faust mit der Bahn verhandelt. Das passte ihm nicht. Er stieg daraufhin mit der GDL aus der Tarifgemeinschaft aus und kämpft seitdem allein. Schon seit Jahren will die GDL einen eigenen Tarifvertrag erreichen. Dafür legten die Gewerkschaftsmitglieder zuletzt 2003 ihre Arbeit nieder.
Im nächsten Jahr will der zweifache Vater in den Ruhestand gehen. Kritiker werfen ihm vor, er wolle sich mit dem Tarifkampf zuvor noch ein Denkmal setzen. Das wehrt Schell ab. Einen Sockel habe er schon, meint er. Schell mag schnelle Autos und Pfeifen. Die zündet sich der passionierte Raucher selbst auf Bahnhöfen mit Rauchverbot an. Auch davon lässt er sich nicht abbringen.
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