
Ungerechtigkeit macht künftige IG-Metall-Chefin Christiane Benner wütend

Christiane Benner soll im Oktober als erste Frau an die Spitze der lange männlich dominierten Gewerkschaft gewählt werden. Sie hat früh gelernt, für andere Menschen Verantwortung zu übernehmen.

In Gewerkschaftskreisen herrscht das "Du" vor. Kommt die Rede auf die künftige IG-Metall-Vorsitzende, ist von "der Christiane" die Rede. Ob Frauen oder immer noch in der Gewerkschaft dominierende Männer über die 1,78 Meter große, sportliche und schlanke Christiane Benner sprechen, es schwingt Respekt mit. Denn "die Christiane" habe sich auf dem Weg nach ganz oben in der mächtigsten deutschen Arbeitnehmer-Organisation durchgesetzt, manche sagen "durchgebissen". So war es nicht leicht für die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin und Diplom-Soziologin, 2015 als erste Frau Zweite Vorsitzende der IG Metall zu werden. Lange gehörte es zum guten Arbeiterton, als einer der Führer der Gewerkschaft Werkzeugmacher wie die früheren IG-Metall-Chefs Franz Steinkühler, Klaus Zwickel, Berthold Huber oder Detlef Wetzel zu sein. Doch die Zeit ist vorbei, in der solche Spitzen-Gewerkschafter unbedingt des Metallspäne-Stallgeruchs teilhaftig sein müssen.
In die Metall- und Elektro- wie auch die Stahlindustrie, den zentralen Branchen der IG Metall, sind längst Digitalisierung, Automatisierung und Künstliche Intelligenz eingezogen – alles Themen, mit denen sich Benner bestens auskennt. Wer ihr damit kommt, sie hätte keine Ahnung vom Kerngeschäft der Gewerkschaft, der Tarifpolitik, wird von der Gewerkschafterin kurz und schnoddrig mit "Quatsch" in die Schranken gewiesen. Natürlich habe sie Kenntnisse in der IG-Metall-Königsklasse gesammelt.
Ungerechtigkeit macht die künftige IG-Metall-Chefin rasend
Die verheiratete Arbeitnehmervertreterin gehört zum Verein für deutliche Aussprache. Oft sagt sie auf Fragen, ohne um den heißen Brei herumzureden, salopp und maximal verknappt nur "Nö" oder "Nee". Benner stammt aus Aachen und ist nach der Scheidung der Eltern bei ihrer Mutter aufgewachsen. Früh kümmerte sie sich um die jüngere Schwester. Bald stellte sich bei der Gewerkschafterin heraus, dass sie eins nicht abkann, nämlich Ungerechtigkeit. Das mache sie rasend. So regte sie sich über ein von ihr als ungerecht empfundenes Bewertungssystem für Auszubildende auf. Die Empörung führte sie zur IG Metall wie später die Begeisterung über die Familienpolitik der damaligen Bundesministerin Manuela Schwesig zur SPD-Mitgliedschaft.
Dass mit der 55-Jährigen im Herbst erstmals eine Frau an die Spitze der IG Metall gewählt wird, hängt für die Aufsteigerin damit zusammen, dass "Frauen erst jetzt im Zimmer sitzen". Früher hätten die Herren in Hinterzimmern ausgemacht, wer der Chef wird. Da seien die Damen erst gar nicht ins Spiel gekommen. Jetzt sind die Frauen überall im Spiel, selbst bei der IG Metall.
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