Sich Zeit nehmen für Menschen an der Schwelle des Todes
Für die Sterbenden und deren Angehörige werden sie oft zu den wichtigsten Bezugspersonen - auch über den Tod hinaus. Zehn Jahre nach der Gründung des St. Afra Hospiz sind die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer nicht mehr wegzudenken.
Von Thomas Gossner
Aichach-Friedberg. Für die Sterbenden und deren Angehörige werden sie oft zu den wichtigsten Bezugspersonen - auch über den Tod hinaus. Zehn Jahre nach der Gründung des St. Afra Hospiz sind die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die kranke Menschen während der letzten Lebenswochen in ihrem gewohnten häuslichen Umfeld begleiten, aus dem karitativen Angebotsspektrum im Landkreis nicht mehr wegzudenken. Im Gegenteil werden ihre Aufgaben sogar immer mehr: Zusammen mit dem Pflegeheim in Pöttmes wird derzeit ein Konzept entwickelt, wie die Hospizdienste auch im stationären Bereich angeboten werden können.
Seine Wurzeln hat das St. Afra Hospiz in der Altenhilfeplanung des Landkreises aus der Mitte der 90er Jahre. Bei Bestandsaufnahme und Bedarfsermittlung des Versorgungsangebots stand aber gerade nicht die Zahl der stationären Betten im Vordergrund. "Es ging um die Frage: Was braucht die Bevölkerung, damit sie nicht ins Pflegeheim muss", so Andreas Reimann, der Geschäftsführer des Caritas-Kreisverbandes. Neben der Stärkung der ambulanten Pflegedienste wurde unter anderem auch die Sterbebegleitung als Ziel festgeschrieben.
"Von unseren Grundlagen her hatten wir eine gewisse Affinität zu diesem Thema", erläutert Reimann, warum sich die Caritas trotz wachsender Aufgaben in vielen anderen sozialen Bereichen als Träger des St. Afra Hospizes zur Verfügung stellt. Zehn Jahre ist es nun her, dass die ersten Hospizhelfer ausgesandt wurden, womit der Landkreis übrigens durchaus zu den Vorreitern gehört. "Damals war das noch etwas Exotisches", erinnert sich Reimann, in den letzten vier bis fünf Jahren habe die Hospizbewegung jedoch einen regelrechten Boom erlebt.
Auch in Aichach-Friedberg sind inzwischen 60 Helferinnen und Helfer im Einsatz, und in Kürze findet ein Infoabend für den nächsten Ausbildungskurs statt. In den vergangenen zehn Jahren wurden rund 550 Personen über die letzte Schwelle begleitet. Es sind längst nicht nur mehr alte Menschen, die betreut werden, sondern mitunter auch Jugendliche, Familienväter und -mütter, die sich in der Mitte des Lebens plötzlich mit dem eigenen Tod konfrontiert sehen.
Die Akzeptanz bei den Betroffenen, bei den Angehörigen und den Medizinern, ganz allgemein gesprochen: bei der Bevölkerung, ist gegenüber der Anfangszeit deutlich gestiegen. Längst sind dafür natürlich professionelle organisatorische Strukturen nötig. Weil in der Regel die Pflegeeinrichtungen den Kontakt zu Schwerstkranken und Sterbenden haben, wurden in Aichach, Friedberg und Mering drei Hospizgruppen gebildet, die sich an den Wirkungskreisen der jeweiligen Sozialstationen orientieren. Dort sind auch die Koordinatorinnen angesiedelt, die über ein Spezialausbildung in Palliative Care verfügen, also in der ganzheitlichen, vor allem auf Linderung angelegten Betreuung der meist austherapierten Patienten.
Die Hospizhelfer sind kein "Babysitter" und erst recht kein "Pflegeersatz" und man kann ihren Einsatz auch nicht kaufen. Sich Zeit zu nehmen - das ist die wichtigste Tätigkeit der Frauen und Männer, die mindestens einmal pro Woche ins Haus kommen. Denn davon habe mitunter weder das unter Kostendruck stehende Pflegepersonal noch die gestressten Angehörigen genug, erläutert dazu Andreas Reimann: "Die psychosoziale Begleitung der Menschen wird immer wichtiger."
Ein Infoabend für den nächsten Hospizhelferkurs findet am Dienstag, 27. November, um 19 Uhr in der Sozialstation Friedberg statt. Das St. Afra Hospiz ist unter dem Dach des Caritas-Kreisverbands angesiedelt. Geschäftsführer ist Andreas Reimann. Ansprechpartnerinnen sind: in Friedberg Christine Schwarz-Marinkovic, Telefon (08 21) 2 67 65 15; in Aichach Christine Neukäufer, Telefon (0 82 51) 8 73 30; in Mering Inge Göschl und Marion Fitzel, Telefon (0 82 33) 92 28 88.
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