
Die vielen Gesichter einer Schauspielerin
Literaturkabarett Katerina Jacob sorgt mit humorvollen Enthüllungen für Unterhaltung in der Stadthalle Neusäß
Neusäß Wenn eine Profischauspielerin mit Erfahrungen von Shakespeare bis zur Schwarzwaldklinik die peinlichsten Situationen aus ihrem Bühnenleben zum Besten gibt, ist entweder tolldreister Wagemut oder tödlicher Wahnsinn im Spiel. Oder aber die dritte Möglichkeit: Man kleidet sämtliche Pikanterien in ein spritziges Literaturkabarett, wie es Katerina Jacob in der Neusässer Stadthalle getan hatte.
Die Starnberger Theater- und TV-Darstellerin stellte mit schamlosem Charme und einer Charakterstimme ihr herzerfrischendes Programm „Alles nur Theater – mein abgefahrenes Leben auf Tournee“ vor, das endlich einmal offen an den Tag legte, was vor und hinter den Kulissen der Weltbühnen tatsächlich alles vonstattengehen kann.
Doch zuvor gab es erst einmal eine kleine Show vor der Show, da die Schauspielerin eigenhändig für die Sitzordnung im Saal sorgte und die Gäste mit altbekannter komödiantischer Resolutheit in ihre Reihen verwies. Daraufhin sogleich die erste Comedy-Einlage, die sicherlich ebenfalls nicht im Drehbuch stand: Als Jacob in die Runde fragte, wer ihr alles auf Facebook folge, meldete sich vorsichtig ein einzelner Gast, woraufhin eine andere Dame lautstark kommentierte: „Gefällt mir!“
So bereits in beste Stimmung versetzt, freute sich das Publikum umso mehr auf den vergnüglichen Abend, der sich um all jenes drehte, was man üblicherweise selbst seiner eigenen Mutter verschweigen würde. Zunächst präsentierte Katerina Jacob eine literarische Ouvertüre, indem sie in kleinen Anekdoten ihre aberwitzigsten Erlebnisse aus ihrer Wahlheimat Kanada zum Besten gab: Mit saukomischem Sarkasmus referierte die Schauspielerin über die erfolglosesten Bären-Abwehrmethoden, Tauchsieder für Kartoffelbreiersatz und dubioses Schwimmgetier, das gerne mal am männlichen Gemächt eine externe Speisekammer errichtet.
Jacob fuhr zunehmend zur Höchstform auf und verwob im rasanten Erzähltempo authentische Erinnerungen, hundsgemeines Kabarett und sprachliche Kunstgriffe zu einem ausgelassenen Literaturvergnügen.
Ihre Arme wirbelten beim Erzählen über die halbe Bühne, die alles dominierende Stimme versprühte ihre Energie in sämtlichen Tonlagen und Nuancen – von männlich-brachial bis rundum ehrlich. Für zahllose Schenkelklopfer sorgte dann schließlich das folgende Hauptprogramm über die heikelsten Begebenheiten ihres Bühnenlebens und man konnte nicht nur herzhaft über platzende Dekolletés und versagende Mordwerkzeuge lachen, sondern sich durch Jacobs Redekunst die verhunzten Szenen bildhaft vor den Augen vorstellen – wie etwa bei „Macbeth“ aufgrund fehlender Verbindungstüren eine ganze Horde halb nackter Vollbartträger mit gezückten Langschwertern unentwegt um das komplette Theatergebäude rennen mussten.
Fähigkeit des Improvisierens und Imitierens vorgeführt
Jacob stellte auf brillante Weise ihre Fähigkeiten des Improvisierens und Imitierens unter Beweis und gestaltete ihre Lebenserinnerungen witzig wie auch interessant – denn sicherlich war bisher auch kaum jemandem bekannt, dass einem Theaterpublikum selbst die größten Bühnenversprecher meist gar nicht auffallen oder die Besucher in schauspielerischen Notsituationen gerne mit Wort und Tat zur Seite stehen.
Viele Anekdoten waren freilich auch fernab jeglicher Gürtellinie angesiedelt, was aber zu Katerina Jacob zweifelsohne dazugehört. Weshalb sie jedoch einstmals in Windeseile einen ganzen Einkaufskorb Kondome kaufen musste, soll an dieser Stelle nicht detaillierter ausgeführt werden.
Am Ende des Abends waren sich sicherlich alle Zuschauer darin einig: Katerina Jacob versteht ihr Handwerk grandios. Schauspielerische Perfektion, ein souveränes Erzähltalent und eine wandelbare dominante Stimme, die sogleich alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, begeisterten.
Die Diskussion ist geschlossen.