Banden zocken Senioren in der Region ab
"Hallo Oma, rat mal, wer gerade an Dich denkt?" - mit diesem scheinbar harmlosen Satz ist für einige Senioren in Augsburg und der Region der Albtraum losgegangen. Sie wurden Opfer von Betrügern. Dabei geht es längst nicht mehr nur um kleine Summen, sondern oft um richtig große Beträge. Von Lea Thies.
Zurzeit häufen sich die Fälle, in denen Senioren auf den sogenannten Enkeltrick (siehe Info) reinfallen. Erst letzte Woche meldete sich eine Frau bei einer alten Dame und gab sich am Telefon als Großnichte aus, die dringend 8500 Euro brauchte - und sie auch bekam. Einer anderen Seniorin aus Augsburg wurde von vermeintlichen Handwerkern der ganze Familienschmuck gestohlen.
Beute im sechsstelligen Bereich
"Trickdiebstähle gab es immer schon, aber die Qualität hat sich verändert", sagt Kripo-Beamtin Mathilde Schmitz. Die professionell in europa- und bundesweiten Banden organisierten Täter werden immer dreister, die Beute ist immer höher. Meistens sind die Opfer alleinstehende Senioren, die häufig große Geldsummen zu Hause aufbewahren. Beim Enkeltrick werden die alten Leute mitunter um fünf- oder gar sechsstellige Beträge gebracht. "Die Betrüger geben sich nicht mit ein paar Euro zufrieden, sie wollen alles", so Schmitz.
Die Polizei sensibilisiert nun Banken, besser aufzupassen, wenn ein alter Mensch plötzlich eine ungewöhnlich hohe Summe abhebt. Im Zuge der Kampagne "Clever im Alter" wurden die Mitarbeiter speziell geschult, und in den Geldinstituten liegen Infobroschüren über Trickbetrüger aus. Zweimal bereits flogen in Banken die Täter auf.
Weil die Betrüger über die Landesgrenzen hinweg agieren, sei die Ermittlungsarbeit insgesamt schwierig, so Schmitz. Außerdem können die Opfer, die in der Regel älter als 70 Jahre sind und körperliche Gebrechen haben, die Täter nur schwer wiedererkennen. Das nutzen die Betrüger aus.
Im Jahr 2006 gab es im Großraum Augsburg zirka 150 Fälle von Trickbetrug. Die Täter erbeuteten insgesamt 120 000 Euro. Ein Jahr später waren es 200 000 Euro bei 170 Straftaten.
Allein in den vergangenen sechs Wochen wurden vier Senioren in der Region mit dem Enkeltrick übers Ohr gehauen. "Das ist nur die Spitze des Eisberges", glaubt Schmitz. Viele Senioren würden die Straftaten nicht anzeigen, weil sie sich schämen. "Aber das brauchen sie nicht. Sie haben nichts falsch gemacht. Sie waren freundlich und wollten helfen", sagt die Polizistin.
Sie weiß, wie die Geschichten weitergehen: Die Opfer stehen unter Schock, das Selbstwertgefühl bricht zusammen. Viele haben posttraumatische Störungen, von denen sie sich nie mehr erholen. Die Seniorin, deren Schmuck gestohlen wurde, starb wenig später. Eine Nachbarin vermutet aus Kummer.
Info: Bei der Beratungsstelle im Polizeipräsidium (Gögginger Straße) gibt es die Infobroschüren für Senioren.
Bei uns im Internet
Tipps gegen Trickbetrüger online unter
augsburger-allgemeine.de
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