Einwanderer tauchen in der Dämmerung auf
18 Arten sind in der Region bekannt. Auch im Stadttheater leben Fledermäuse
Insektenschwärme sind für viele Menschen lästige Begleiter an der Wertach. Ganz anders ist es für die Fledermäuse, die in den Abendstunden zahlreich aus der Stadt an den Fluss kommen, auf der Suche nach Beute. Für sie ist es das Paradies.
Derzeit geht es für die Tiere darum, sich nach der Aufzucht des Nachwuchses Reserven für den Winter anzufuttern. Sie gehen dann auf die Jagd, wenn die Vögel ihre Nachtquartiere aufsuchen. „Das ist ihre Nische. So entgehen sie Feinden wie Falken“, sagt Martin Trapp vom Landesbund für Vogelschutz. Die Flughaut funktioniert bei dieser Jagd wie ein Kescher.
18 Arten sind in der Region bekannt. Die Weibchen leben in Quartieren zusammen, das größte in der Stadt zählt über 200 Exemplare. Die Männchen sind dagegen Einzelgänger.
Um mehr über die fliegenden Säugetiere zu erfahren, legt sich Trapps Mitstreiter Bernd-Ulrich Rudolph an der Wertach auf die Lauer.
Er ist hauptberuflich beim Landesamt für Umwelt tätig und geht den Fragen nach, welche Arten es in Augsburg gibt und wo sich Kolonien befinden. Die Tiere zu fangen, ist allerdings gar nicht so einfach. Trocken, windstill und dämmrig sollte es sein. Dann sind viele Fledermäuse unterwegs. „Wir werden wohl nur die erwischen, die unerfahren oder noch nicht richtig wach sind. Mal schauen, ob uns überhaupt welche ins Netz gehen“, dämpft er die Erwartungen der 30 Interessierten, die ihn an diesem Abend bei einer Führung an den Pferseer Wertachkanal begleiten.
Echolot hilft Tieren, Hindernisse zu orten
Dank ihres Echolots sind die Fledermäuse in der Lage, das Fangnetz zu orten und auszuweichen. Doch der Erfolg stellt sich schneller ein als erwartet. Eine Zwergfledermaus verfängt sich in dem Puppenhaarnetz. Rudolph, der die Erlaubnis hat, die unter Artenschutz stehenden Tiere zu fangen, zieht sich seine Handschuhe an, bevor er sich dem Netz nähert. „Fledermäuse können so kräftig zubeißen, dass sie blutende Wunden hinterlassen.“ Das Tier ist hörbar wenig begeistert und schimpft wie ein Rohrspatz.
Normalerweise würde der Forscher das Tier wiegen und die Art bestimmen. Bei dieser Tour belässt er es bei Letzterem und erklärt seinen Zuhörern einige Unterscheidungsmerkmale. Dies sind unter anderem die großen Füße, wie sie die Wasserfledermaus hat. Die Weißrandfledermaus wiederum hat am hinteren Flughautrand einen weißen Streifen, der dem Tier seinen Namen gab. Auch diese Art geht Rudolph ins Netz.
Nachdem er sie vorsichtig befreit hat, breitet er ihre Flughaut aus und zeigt den Teilnehmern den Streifen. Dass die Teilnehmer die Art am Wertachkanal bestaunen können, liegt wohl auch am Klimawandel. „Eigentlich leben die Tiere im Mittelmeerraum. Sie sind vor etwa 15 Jahren über Österreich und die Schweiz nach Bayern eingewandert. Bislang wurden sie nur in München und Augsburg gesichtet“, sagt Rudolph.
30 Minuten Zittern, bevor es losgeht
Andere Arten wie die Rauhautfledermaus kommen hingegen aus dem Baltikum nach Augsburg, um hier den Winter zu verbringen. Dann suchen sie sich Spalten in Häusern, leben unter Blechverkleidungen, in Dachstühlen oder Bäumen. „Eine Fledermaus muss 30 Minuten mit den Muskeln zittern, bis sie im Winter wieder losfliegen kann. Das kostet sehr viel Energie, weswegen sie in der Zeit nicht gestört werden sollten“, erklärt Trapp.
Eine größere Fledermauskolonie lebt im Theater. „Wir sind in Gesprächen mit der Stadt, damit es auch nach der Sanierung noch Unterschlupfmöglichkeiten gibt“, sagt Rudolph. Die Bemühungen Augsburgs um die Fledermaus seien „vorbildlich“, so der Fachmann. Wie viele Fledermäuse in Augsburg leben, darüber gibt es laut Rudolph keine gesicherten Erkenntnisse. „Es könnten 10000 oder auch 50000 sein, wir wissen es nicht genau.“ Die Jäger der Nacht bewahren ihre Geheimnisse gut...
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