Diese Musik kann Wunden heilen
Vor 30 Jahren erweckte Andor Izsák die Stimme der Synagoge zu neuem Leben. Die Universitätsbibliothek verdankt ihm einen einzigartigen Noten-Schatz. Das galt es zu feiern
Was jüdische Sakralmusik von anderer unterscheidet? Andor Izsák könnte die Frage ausführlich musiktheoretisch beantworten. Tut er jedoch nicht, sondern spielt die Melodien von großen deutsch-jüdischen Kantoren wie Salomon Sulzer und Louis Lewandowski am Klavier – mal in Art von Mozart, Verdi, Chopin oder Wagner. Der Leiter des Europäischen Zentrums für Jüdische Musik, das vor 30 Jahren in Augsburg gegründet worden ist, will damit sagen: Jüdische Synagogalmusik des 19. Jahrhunderts hat sich ins Kleid der Zeit geworfen, sie wollte in der Phase der bürgerlichen Emanzipation modern sein, bei aller Traditionspflege. Denn die Weisen selbst, nach denen der Kantor die hebräischen Gebete und Psalmen singt, sind tausende Jahre alt.
„Es gibt so viel Unwissen“, sagte Izsák am Donnerstagabend in der Unibibliothek bei der Feierstunde zum Jubiläum des Zentrums. In der Nacht, als in Deutschland die Synagogen brannten am 9./10. November 1938, wurde auch die jüdische Sakralmusik zum Verstummen gebracht. Izsák hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, sie wieder ins Leben zurückzuführen. Ein erster großer Schritt war für ihn, dass die Notensammlung des Budapester Kantors Marton Lorand 1988 an die Uni Augsburg kam. Knapp 25 Jahre später stiftete 2012 der Wiener Kantor Robert Singer seine Sammlung an Noten und Tonträgern ebenfalls der Uni Augsburg, wie Bibliotheksdirektor Ulrich Hohoff erinnerte.
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