Missbrauchsverdacht: Erdrückende Beweise gegen Kinderarzt Harry S.
Der Augsburger Kinderarzt Harry S. soll vier kleine Buben missbraucht haben. Zumindest in einem Fall kann er als überführt gelten. Und die Augsburger Kripo ermittelt weiter.
Dieses Verbrechen hat die Menschen im Raum Hannover geschockt und Eltern beunruhigt: Am 18. August fuhr der fünfjährige Jayden in Garbsen mit seinem blauen Puky-Rad die Liebermannstraße entlang, als gegen 13 ein Autofahrer ihn in seinen hellen Geländewagen lockt und davonfährt. Jayden soll betäubt und zu einer Wohnung gebracht worden sein. Dann wird der Bub massiv sexuell missbraucht. Zwei Stunden später setzt ein Mann das völlig benommene Kind aus und flüchtet.
Der Mann, der zu dieser Tat fähig war, soll der Augsburger Kinderarzt Harry S., 39, sein. Der Mann, der beruflich für das Wohl von Kindern arbeitet, der bei Kollegen als kompetent und engagiert bekannt ist. Doch die jüngsten Ermittlungsergebnisse lassen kaum Zweifel daran, dass Harry S. den kleinen Jayden entführt und missbraucht hat. Die Beweislast ist erdrückend.
Nach Informationen unserer Zeitung sollen DNA-Spuren des Täters an dem Jungen mit denen von Harry S. übereinstimmen. Die Täterspur am Opfer war früh gesichert worden. Es ergaben sich aber keine Treffer in den DNA-Datenbanken – weil Harry S. bislang nicht aufgefallen war. Unmittelbar nach der Festnahme wurden dem 39-Jährigen offenbar DNA-Proben abgenommen. Das Ergebnis war eindeutig: Es war das selbe Erbgut wie an Jayden.
Polizei ermittelt Mobilfunkdaten von Harry S. an den Tatorten
Wie Recherchen unserer Zeitung weiter ergeben, haben die Ermittler in Hannover außerdem an dem blauen Puky-Rad, auf dem Jayden unterwegs war, Fingerabdrücke gesichert. Auch hier lässt das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchungen keine Zweifel aufkommen. Es sind die Fingerabdrücke von Harry S.
Außerdem ist bereits bekannt, dass eine Auswertung von Mobilfunkdaten festgehalten hat, dass genau ein Mensch an allen vier bisher bekannten Tatorten ins Netz eingeloggt war: Harry S. Aufgrund dieser Sachbeweise kann der Augsburger Kinderarzt zumindest im Fall des kleinen Jayden als überführt gelten.
Die Augsburger Kriminalpolizei ist noch nicht so weit. Neben den beiden Fällen, die im Haftbefehl stehen, überprüfen mehrere Beamten alte, ungeklärte Missbrauchsfälle im Großraum Augsburg. Auch Orte, an denen Harry S. sich dienstlich oder zu Fortbildungen aufgehalten hat, werden unter die Lupe genommen.
„Die Ermittlungen sind umfangreich, aber wir arbeiten akribisch weiter“, sagt Kripochef Klaus Bayerl. Dies wird freilich erschwert durch den Umstand, dass S. in Untersuchungshaft weiter schweigt. Daher will sich auch die Kripo nicht in die Karten schauen lassen. Details zu den Übergriffen in Augsburg gibt es „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht.
Medizinische Hochschule Hannover kündigt dem Kinderarzt fristlos
In seiner Zelle im Augsburger Gefängnis in der Karmelitengasse hat Harry S. vergangene Woche weitere unerfreuliche Nachrichten bekommen. Ein Gerichtsvollzieher stellte ihm die Kündigung seines letzten Arbeitgebers zu. Die Medizinische Hochschule Hannover hat den Kinderarzt fristlos gefeuert.
Obwohl bis zu einer Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt, hat die Klinik eine sogenannte Verdachtskündigung ausgesprochen. Die Vorwürfe gegen den Mediziner wiegen so schwer, dass es für den Arbeitgeber unzumutbar ist, ihn weiter zu beschäftigen. S. fing am 1. September 2013 in Hannover an. Zuvor hatte er jahrelang am Augsburger Klinikum gearbeitet.
Klarer wird mittlerweile, warum die Ermittler Harry S. nicht schneller auf die Schliche kamen. Er benutzte bei seinen Taten offenbar verschiedene Autos.
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