Das neue Kinderkrebszentrum soll Familien wieder zum Lachen bringen
Vor drei Jahren wurde der damals zweijährige Max im Schwäbischen Kinderkrebszentrum behandelt. Jetzt ist die Station umgebaut worden – und die Familie erzählt ihre Geschichte.
Stephanie Holzer weiß noch gut, wie das war, damals, im März 2014. Da standen sie und ihr kleiner Sohn Max vor der Tür, die ins Schwäbische Kinderkrebszentrum in Augsburg führt. Die Diagnose war brutal gewesen: Hirntumor, Grad III nach der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation. Grad IV ist der schlimmste. Max wurde in Kempten operiert. Wenig später standen sie dann da, vor der Tür zum Augsburger Kinderkrebszentrum. Max, zwei Jahre alt, und seine Mutter, die schwanger war und tieftraurig.
Und hinter der Tür war riesiger Radau. „Hier war Party und Stimmung und alles war bunt. Ich habe erst mal meinen Mann angerufen und gesagt: Die spinnen“, erinnert sich Stephanie Holzer. „Ich habe gedacht, ich bin in einer falschen Welt.“ Heute ist sich die 34-Jährige aus Rettenberg im Oberallgäu sicher: Es war genau die richtige Welt. Fast sechs Monate verbrachten sie und Max auf Station 9. Mit anderen Kindern und anderen Eltern und mit Bobby-Cars auf den Klinikgängen.
Ihr Mann Stefan blieb zu Hause, kümmerte sich um seine Schreinerei und um den ältesten Sohn Felix, der heute sieben Jahre alt ist. So oft es ging, fuhren Stefan und Felix die gut eineinhalb Stunden nach Augsburg, um Stephanie und Max zu besuchen – und später auch die kleine Lea-Marie, die zur Welt gekommen war.
Wunderbare Erinnerungen an brutale Monate
Es waren brutale Monate für die Familie. Operation, Bestrahlung, Chemotherapie und die Trennung voneinander. Und doch haben die Holzers wunderbare Erinnerungen an diese Zeit. Drei Jahre nach der Therapie ist die Familie ins Kinderkrebszenrum zurückgekehrt. Die Klinik ist umgebaut worden, seit einer Woche sind die letzten Arbeiten abgeschlossen. Um das zu feiern, sind Familien, Mitarbeiter und Spender gekommen.
„Gell, wir fahren heute zu deinen Freunden, Max“, hat die dreijährige Lea-Marie in der Früh vor der Abfahrt nach Augsburg gesagt, erzählt Stefan Holzer. Seine Frau und er stehen im Herzen der Station und berichten von ihren Erfahrungen. Derweil wirbelt Max durch die Station. Er schlingt einer früheren Therapeutin die Arme um den Bauch, stößt geräuschvoll eine Reihe von Dominosteinen um und versucht, seiner Schwester eine rote Clownsnase ins Gesicht zu klemmen, die er von den Klinikclowns geschenkt bekommen hat.
Das Kinderkrebszentrum soll Normalität bieten
An ein Krankenhaus erinnern im Kinderkrebszentrum auf den ersten Blick nur die Kunststoffböden. Spielsachen, Bilder, eine große Fensterfront. Das Kinderkrebszentrum soll ein Zuhause sein. Normalerweise werden Kinder so kurz wie möglich in Kliniken behalten, sie sollen schnell zurück in die Normalität. Bei Kindern, die an Krebs erkrankt sind, ist die Station Normalität. Zumindest vorübergehend. Die Therapien seien extrem kräftezehrend für die jungen Patienten, sagt Professor Michael Frühwald, der medizinische Leiter des Kinderkrebszentrums. „Wir versuchen, eine möglichst gute Atmosphäre zu schaffen.“
Stephanie Holzer schwärmt vom Kinderkrebszentrum. „Es war damals schon toll, es war unsere kleine Welt“, sagt sie. In den vergangenen Monaten ist diese kleine Welt erweitert worden. Noch schöner, noch einladender sei es jetzt, findet die 34-Jährige. Das Spielzimmer wurde vergrößert, die Patientenzimmer wurden moderner ausgestattet, eine Dachterrasse und Therapieräume kamen dazu. Zudem entstanden das Kinderkrebsforschungszentrum und das Bayerische Kinderschmerzzentrum. Insgesamt hat der Umbau rund 2,5 Millionen Euro gekostet, einen Großteil trugen Spender bei. Ohne sie, sagt Frühwald, wäre der Umbau nicht möglich gewesen.
Fast alle krebskranken Kinder werden geheilt
Seit den Achtzigerjahren werden Kinder mit Krebserkrankungen im Klinikum Augsburg behandelt. Jedes Jahr nimmt das Krebszentrum 60 bis 70 neue Patienten auf, Säuglinge, Kinder und Jugendliche. Bayernweit erkranken dem Kinderkrebsregister der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zufolge durchschnittlich 277 unter 15-Jährige im Jahr an Krebs. Mehr als 80 Prozent der erkrankten Kinder und Jugendlichen in Deutschland können heute langfristig geheilt werden.
Am 14. Oktober 2014 wurde Max der Hickman-Katheter abgenommen – den Schlauch, über den die Chemotherapie lief. Zur Feier des Tages bekam Max ein T-Shirt, auf dem ein Staplerfahrer aufgemalt ist. So wie er es sich gewünscht hatte. Dieses T-Shirt trägt der Fünfjährige auch jetzt, drei Jahre später, während er durch die Station tollt. „Wir sind eine glückliche und vor allem eine gesunde Familie, die das Leben zu schätzen weiß“, sagt Stefan Holzer. Er lächelt. Seine Frau lächelt auch. Und Max schlängelt sich durch die Beine der Erwachsenen.
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