Ist das Peggy im Kinderporno?
Ein Foto aus der Pädophilen-Szene beschäftigt die Ermittler im Fall Peggy. Auf dem Foto ist ein Mädchen aus einem Kinderporno zu sehen. Sie hat die gleiche Narbe am Kinn wie Peggy.
Das Foto zeigt ein nacktes Mädchen mit gespreizten Beinen in einem Badezimmer. Es ist eindeutig Kinderpornografie. Aber wer ist das Mädchen? Könnte es die kleine Peggy sein, die 2001 in Lichtenberg (Oberfranken) spurlos verschwand? Rechtsanwalt Michael Euler sieht eine „frappierende Ähnlichkeit“.
Narbe am Kinn soll das Mädchen auf dem Foto als Peggy entlarven
Ihn beschäftigt eine kleine Narbe am Kinn des Mädchens auf dem Foto. Peggy sei einige Tage vor ihrem Verschwinden gefallen und habe sich exakt an dieser Stelle verletzt. Euler ist der Anwalt, der den neuen Prozess um den Fall Peggy durchgeboxt hat. Er vertritt Ulvi Kulac, der 2004 vom Landgericht Hof in einem umstrittenen Prozess wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist.
Das Foto wurde Michael Euler zugespielt. Es stammt offenbar aus dem Umfeld der Pädophilen-Szene. Der Rechtsanwalt hat das Foto an die Ermittler weitergegeben. Seit vielen Monaten wird der Fall Peggy dort noch einmal untersucht. Die Polizei will die Aufnahme aber noch nicht bewerten. Ein Gutachten stehe noch aus.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, das Foto sei bekannt, bisher aber „nicht zielführend“. Schon vor Jahren waren kinderpornografische Fotos aufgetaucht, die angeblich Peggy zeigten. Damals stellten sie sich als Fälschung heraus.
Das neunjährige Mädchen schminkte sich plötzlich stark
Anwalt Euler sieht sich in seinen Vermutungen bestätigt. Schon vor dem Auftauchen des Fotos hielt er es für sehr wahrscheinlich, dass Peggy vor ihrem Verschwinden Opfer sexuellen Missbrauchs geworden war. Es gebe etliche Indizien dafür. Mehrere Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass das neunjährige Mädchen in den Wochen vor ihrem Verschwinden ihr Verhalten auffällig geändert hat.
Sie soll auch plötzlich kurze Röcke getragen und sich stark geschminkt haben. Peggy war ein „Schlüsselkind“ und galt in Lichtenberg als Streunerin, die oft stundenlang allein durchs Dorf zog. Auch neue Ermittlungen gegen einen inhaftierten Kinderschänder, der engen Kontakt zu Peggys Familie hatte, zielen in Richtung sexueller Missbrauch.
Möglicherweise auch im familiären Umfeld? Die Polizei hatte nach Peggys Verschwinden ein urinverschmutztes Kleidungsstück des Mädchens sichergestellt. Die Urinspuren stammten vom damaligen Lebensgefährten der Mutter. Wie ist das passiert? Laut Anwalt Euler haben sich die Angaben des Ex-Partners zu dieser Frage als falsch erwiesen. Beweise, dass der Mann Peggy missbraucht oder etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hat, fand die Soko aber nicht.
Die Diskussion ist geschlossen.
Wurde damals eigentlich weiter ermittelt? Wenn Peggy sich ein paar Tage vor ihrem Verschwinden am Kinn verletzt hatte, dauerte es Wochen, bis eine sichtbare Narbe zurückblieb. D.h. dieses Photo muss nach dem Tag entstanden sein, als das Mädchen verschwand. Peggys Lebensumstände und die ihr zugeschriebenen Verhaltensweisen sind typisch für Kinder, die durch ihre erwachsenen Angehörigen keinen Halt und keine Sicherheit erfahren. Kindesmissbrauch ist sehr weit verbreitet, oft bleibt er unentdeckt. Wo Erwachsene sexualisiertes Agieren mit Nähe und Beziehung verwechseln, sind Kinder besonders gefährdet, zum Objekt von Menschen zu werden, die ihre Sexualität an ihnen abreagieren wollen. Im Übrigen ist nur ein kleiner Teil der KindesmissbraucherInnen pädophil. Bei den meisten handelt es sich um vollkommen gewöhnlche Personen, die ganz verschiedene Motive haben. Angefangen von dem Wunsch, etwas Tabuisiertes und Verbotenes zu tun, über das Interesse an der Beschaffenheit der Intimregion von Kindern, bis hin zum Bedürfnis, das, was einem selbst in der Kindheit angetan worden ist, an Kindern zu wiederholen. Manchmal sind es wirtschaftliche oder soziale Interessen, die Eltern dazu bringen, ihre Kinder an MissbraucherInnen zu vermitteln. Man erhofft sich Vorteile. Deshalb finden wir TäterInnen in allen Milieus und Schichten wieder. Er ist leider vollkommen alltäglich.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick