Fragen über Fragen: Fall Peggy bewegt weiter die Gemüter
Vor zwölf Jahren verschwand die neun Jahre alte Peggy. Es gibt einen verurteilten Mörder, aber noch viele offene Fragen. Ob eine neue Durchsuchungsaktion Antworten bringt muss sich zeigen.
Auf einem Friedhof im Frankenwald steht ein Gedenkstein mit einem Foto darauf. Die Mutter der Schülerin Peggy hat ihn errichten lassen - als Erinnerung an ihre Tochter, die vor zwölf Jahren nicht von der Schule nach Hause kam. Der Fall der kleinen Peggy aus dem oberfränkischen Lichtenberg (Landkreis Hof) hat damals viele Menschen bewegt. Und tut es auch heute noch - denn Peggys Schicksal ist und bleibt rätselhaft. Eine große Suchaktion nach der Leiche des Kindes in dieser Woche brachte zunächst keinen Durchbruch.
Die Polizei tappte lange im Dunkeln
Direkt nach Peggys Verschwinden hatte die Polizei tagelang jedes Waldstück in der Umgebung Lichtenbergs durchkämmt. Sogar Tornados der Bundeswehr beteiligten sich an der Suche nach der Schülerin. Die Ermittler gerieten unter Druck: Wie kann es sein, dass ein Kind verschwindet und es keine Spur gibt? 2004 verurteilte die Justiz schließlich einen geistig behinderten Mann als Mörder Peggys.
In einer Sickergrube wurden Knochenteile gefunden
Anfang dieser Woche nun kam die Polizei wieder nach Lichtenberg und nahm ein rosafarbenes Haus am Marktplatz unter die Lupe. Peggy hatte einst nur etwa 250 Meter entfernt gelebt. Sollte man hier im Innenhof endlich ihre Leiche entdecken? Tatsächlich fanden die Ermittler in einer alten Sickergrube Knochenteile. Doch erst in der kommenden Woche wird klar sein, ob es sich überhaupt um menschliche Knochen handelt.
Sie könnten auch von einem Tier stammen. Oder aus einem Friedhof sein, den es früher hier neben der Kirche gegeben hat. Und selbst wenn es sich um sterbliche Überreste von Peggy handeln sollte, ist damit auch noch kein Mord bewiesen. Sie könnte ja beim Spielen hineingefallen sein, gibt der Bayreuther Oberstaatsanwalt Ernst Schmalz zu bedenken. Der Innenhof sei damals öffentlich zugänglich gewesen. Die Ermittler gehen gründlich zu Werke. Der Innenhof des Anwesens ist komplett umgegraben, die Kellerdecke ist geöffnet worden.
Viele halten den Verurteilten nicht für den Täter
Und auch wenn die jetzige Suchaktion vergeblich sein sollte - sie zeigt doch, dass Polizei und Justiz die Deckel der Aktenordner im Fall Peggy noch nicht zugeklappt haben. Es gibt nicht wenige Menschen, die den verurteilten Ulvi K. nicht für den Täter halten. Und die glauben, Beweise zu haben, die ihn entlasten. 2012 haben auch Staatsanwaltschaft und Kripo Bayreuth wieder mit Ermittlungen begonnen. Schmalz sagt, man habe die Ermittlungsvorgänge der früheren Jahre noch einmal unter die Lupe genommen. Schließlich könne es ja "unter Umständen" nötig sein, die damaligen Ermittlungsergebnisse "neu zu bedenken oder neu zu bewerten".
Vor wenigen Wochen hat der Anwalt Michael Euler zudem beim Landgericht Bayreuth einen Wiederaufnahmeantrag eingereicht. Euler ist überzeugt davon, dass Ulvi K., der Gastwirtssohn aus Lichtenberg, Peggy nicht ermordet hat. "Wir können sagen: Ulvi war es nicht." Begründungen dafür hat er auf fast 2000 Seiten zusammengetragen. Die Ermittler hätten beispielsweise entlastende Zeugenaussagen ignoriert. Das Zeitfenster für die Tat sei viel zu klein gewesen. Ulvi hätte gar nicht alle Spuren beseitigen können. Ein Belastungszeuge habe seine Aussage zurückgezogen. Ulvi habe nur unter Druck gestanden und schließlich sein Geständnis widerrufen.
Die Mutter weiß bis heute nicht, was mit Peggy wirklich geschah
Oberstaatsanwalt Schmalz sagt: "Dieser Antrag ist eine ganz andere Sache." Es gehe dabei um die Frage nach der Täterschaft Ulvis. Der Mann sitzt wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Bayreuther Psychiatrie. Die Haftstrafe wegen Mordes hat er noch nicht angetreten. Staatsanwaltschaft und Polizei gehe es aber primär darum, Peggys Leiche zu finden, betont Schmalz. Vor allem für die Mutter sei diese Situation immer noch belastend: "Sie weiß bis heute nicht, was mit ihrer Tochter geschehen ist."
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