Feuer hinterlässt Millionenschaden und viele Fragen
Den süßlichen Geruch verwesenden Fleisches kann selbst der beißende Qualm letzter Glutnester nicht überdecken. Auch eine Woche nach dem Großbrand schwelen die Trümmer der zerstörten Hallen des Kühlhauses in Illertissen.
Von Bernhard Junginger, Illertissen
Den süßlichen Geruch verwesenden Fleisches kann selbst der beißende Qualm letzter Glutnester nicht überdecken. Auch eine gute Woche nach dem Großbrand schwelen die Trümmer der zwei völlig zerstörten Hallen des Kühlhauses in Illertissen.
Tonnenweise Schokoladennikoläuse und Lebkuchen sind dort verbrannt. Längst noch steht die Höhe des Schadens nicht fest, von bis zu 25 Millionen Euro ist die Rede. Das Fleisch, das jetzt unzählige Fliegen anlockt, liegt in einem dritten, weniger zerstörten Lager. Tausend Tonnen Gefrierware, unter anderem Lebern, Herzen, Luftröhren von Rind und Schwein; stetig tauen sie auf, weil seit dem Brand nicht mehr gekühlt werden kann.
Dass jetzt das Wort "Gammelfleisch" passt, bestreitet niemand. Die Regierung von Schwaben sagt, dass das Material auch schon lange vor dem Brand nicht für den menschlichen Verzehr geeignet war. Deshalb war der Kühlhausfirma ja die Lizenz für die Lagerung von Fleisch entzogen worden.
Verplombt und gesperrt befand sich die umstrittene Ware zum Zeitpunkt des Brandes noch in dem Kühlhaus, das ansonsten nur noch weniger sensible Lebensmittel lagern durfte. Das Fleisch beschäftigt nicht nur die Fliegen, sondern auch die Justiz. Denn die Kühlhausfirma Rothtalfrost beteuert, es habe sich um "einwandfreie Lebensmittel" gehandelt und verweist auf ein selbst bestelltes Gegengutachten.
Seniorchef Ernst Kollmer stapft in rußgeschwärzten Gummistiefeln, die einmal weiß waren, durch die Trümmer und wettert, dass die Regierung seine Firma zerstören wolle. Bis zur letzten Instanz werde er gehen. Dagegen ist die Regierung von Schwaben laut Sprecher Karl-Heinz Meyer überzeugt, dass ihre Entscheidung "jeder Überprüfung standhält". Und die Staatsanwaltschaft bestätigt, dass weiter gegen die Firma Rothtalfrost ermittelt wird.
Ernst Kollmer und sein Sohn wollen weitermachen, sagen sie, "auf jeden Fall". Doch wahrscheinlich nicht mehr in Bayern, sondern vielleicht drüben, in Baden-Württemberg. Den Brand von der Gammelfleischsache zu trennen, vermag Ernst Kollmer nicht.
Unten in Illertissen werde ihm von bösen Zungen unterstellt, er habe seine Hallen selbst angezündet, klagt der Senior. Er verweist auf das vorläufige Ermittlungsergebnis der Polizei, das da lautet: "Es gibt keine Hinweise, die auf vorsätzliche Brandstiftung deuten, wir gehen derzeit von einem technischen Defekt als Brandursache aus."
Auf dem Hof vor den ausgebrannten Hallen wuselt es vor geschäftigen Menschen, Versicherungsleute begutachten den Schaden, unzählige Fragen sind zu klären, es geht um viel Geld. Unternehmer buhlen um Aufträge für Abbruch und Entsorgung, Bagger sind angerückt und reißen erste Teile der Brandruine nieder. Arbeiter mit Atemschutzmasken räumen das Fleisch aus dem Sperrlager, es geht in eine Tierkörperbeseitigungsanstalt. Die Zeit drängt. Schon sind die ersten Maden geschlüpft.
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