Bruce Springsteen in München: Der Hohepriester des Rock
Regen und Glühwein: Die Zuschauer hatten sich das Konzert von Bruce Springsteen im Münchner Olympiastadion anders vorgestellt. Doch Springsteen ließ sich vom Wetter nicht beirren.
Ein lauer Frühsommerabend und ein großes Konzert, so sah der Plan für den Auftritt von Bruce Springsteen und der E-Street-Band im Olympiastadion aus. Dass Ende Mai im Dauerregen Glühwein das Getränk der Stunde ist, daran haben die 43.000 Zuschauer beim Kartenkauf wahrscheinlich nicht gedacht. Mit hochgekrempelten Hemd zeigte Springsteen auf der Bühne von Anfang an, dass ihn und damit auch alle anderen das Wetter nicht stören sollte.
Bruce Springsteen war in München
Mit „Who’ll Stop the Rain“ (einem Cover von Creedance Clearwarter Revival) stellte er musikalisch eine rhetorische Frage, die an dem Abend mit niemand zu beantworten war. Nicht einmal der „Boss“ war mit einem Machtwort dazu in der Lage. Ein großes Konzert seiner Wrecking-Ball-Tournee wurde es trotzdem, auch wenn ein anderes als das aktuelle Album im Mittelpunkt stand. Mit „Long walk home“, einem druckvollen “My Love Will Not Let You Down” und “Out In the Street” nahmen Springsteen, die E-Street-Band und die Zuschauer im Stadion Schwung auf. Und passend zum Text folgte das erste Bad in der Menge.
Springsteen gönnt dem Publikum kaum ein Verschnaufen
Und Springsteen und die Band gönnen sich und dem Publikum kaum ein Verschnaufen. Nur nicht aussetzen, sonst könnte der Regen seine verheerende Wirkung entfalten, also sind von vorne der „Seaside Bar Song“, „Rosalita (Come Out Tonight)“ (mit raffinierten in Halbtönen gestaffelten Soli) und „Wrecking Ball“ zu hören. Der Titel-Song des neuen Albums ist so ein typischer Springsteen-Song, mit einem eher elegisch-getragenen Anfang, bis die ganze Band mit den Bläsern, der Streicherin, den Gitarren, dem Klavier einsetzt und das Lied plötzlich in schnellem Schlagzeug-Takt einen ungemeinen Sog entfaltet.
Springsteen als Hohepriester des Rock
Im Anschluss entpuppte sich Springsteen als Hohepriester des Rock. Auf der vollkommen spartanischen Bühne, auf der lediglich drei große Leinwände und ein paar Scheinwerfer für die Show sorgten, auf dieser Bühne, die sagte, dass es hier nur um Musik und sonst nichts geht, beschwor Springsteen den „Spirit In The Night“. „We don’t care about the rain“ schrie er in den dunkler werdenden bleigrauen Himmel hinaus.
Und er fragte immer wieder, ob alle nun die Geister dieser Nacht spüren können. Und mit „Born In The USA“ brachte Springsteen dann auch die Tribünengäste im Stadion dazu, aufzustehen und mitzutanzen. Was auf den großen (und so falsch verstandenen) Song folgte, war das komplette Album von 1984, sein erfolgreichstes, meist verkauftes mit sieben Top-Ten-Single-Auskopplungen. Das also hatten sich Springsteen und seine E-Street-Band gegen den Regen und die Kälte im Olympia-Stadion einfallen lassen. Mit „Waitin’ On A Sunny Day“, “The Rising” und “Badlands” näherte sich der Abend seinem Ende, der bereits mehr als zweieinhalb Stunden dauerte.
Und Springsteen und die Band verzichteten darauf, sich für die Zugaben lange von der Bühne zu verabschieden. Sie schlossen einfach nahtlos an, niemand sollte länger als nötig frieren. Also ging es mit „Pay Me My Money Down“, einem großartigen “Born To Run” und “Tenth Avenue Freeze-Out” zu Ende. Und mit den beiden Covers „Rockin’ All Over The World“ und „Twist and Shout“ konnten sich alle noch einmal warm tanzen für den Heimweg, bevor die eiskalte, regenschwere Mai-Nacht einen wieder hatte.
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