Westerwelle zeigt sich kämpferisch
Die Liberalen jubeln Guido Westerwelle in Straubing zu. Dieser gibt sich vor einem Rekordpublikim kämpferisch. Von Ursula Ernst
Und er sagt es wieder. FDP-Chef Guido Westerwelle kommt beim Politischen Aschermittwoch der Liberalen gleich zum Thema. "Ich bleibe dabei: Leistung muss sich lohnen.
Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet", ruft er seinen Parteifreunden in der Joseph-von- Fraunhofer-Halle zu. Sie hatten darauf gewartet, dass der Vizekanzler und Bundesaußenminister weiter Klartext in der Hartz-IV-Debatte spricht, wie auch schon in den zurückliegenden Tagen. Und Westerwelle enttäuschte die über 700 Gäste nicht. Das war ein Besucherrekord: So viele waren noch nie zur FDP nach Niederbayern gekommen.
Miriam Gruß (Augsburg), die Generalsekretärin der bayerischen FDP, hatte vor Beginn der Veranstaltung noch Zweifel, ob die Halle, die ursprünglich nur für 500 Besucher bestuhlt worden war, denn auch das Richtige wäre. Immerhin wollte der Bezirksverband Schwaben mit drei Bussen anreisen. Doch als dann vor dem offiziellen Einlasstermin um 9 Uhr bereits Neugierige vor der Halle warteten, fühlte sie sich bestätigt.
Als sich dann auch noch lange Schlangen vor den Türen bildeten - die Wachleute nahmen die Leibesvisitation der Besucher ziemlich ernst - war die Generalsekretärin zufrieden. Und schon um 9.45 Uhr war das erste Weizenfass leer. In Straubing feierte sich die FDP als Regierungspartei in München und Berlin, als Quell der Erleuchtung im tiefschwarzen Niederbayern (2002 hatte die CSU dort noch 75 Prozent), wo sie immerhin zweitstärkste Partei geworden ist.
Der ernüchternde Forsa-Wahltrend für Stern und RTL war da wohl bei den meisten noch nicht bekannt: Die FDP befindet sich weiter auf Talfahrt. Im Vergleich zur Vorwoche fiel sie in der Wählergunst um einen Punkt auf sieben Prozent. Damit haben die Liberalen gegenüber der Bundestagswahl im September gut die Hälfte der Wähler (14,6) verloren.
Guido Westerwelle, ganz der Kämpfer, wie man ihn aus Oppositionszeiten kennt, empörte sich über die Reaktionen auf seinen Beitrag zur Hartz-IV-Diskussion. "Man muss schon linksextrem in der Birne sein, wenn Leistungsgerechtigkeit als rechtsradikal gilt." Heute gibt Westerwelle nicht den Diplomaten.
Das sei er im Ausland, beteuert er, doch das Volk wolle "die Wahrheit hören und nicht betuppt und beschummelt werden". Schließlich verdiene die Kellnerin im Saal, die morgens früh aufstehe und zum Arbeiten gehe, weniger als ein Hartz- IV-Bezieher. Das sei ungerecht. Und dafür feierten sie ihn mit Bravorufen in Straubing.
Er verteidigte das Wachstumbeschleunigungsgesetz, das Familien mit Kindern mehr Geld beschere, er lobte sich für die Neuordnung des Erbschaftssteuerrechts und machte sich über die Kritiker lustig, die sich an dem verminderten Steuersatz für Hotelübernachtungen stießen. Vor allem die Linkspartei führte er vor: Schließlich habe die FDP damit Forderungen aus dem Wahlprogramm der Linken durchgesetzt. "Ich erwarte den Lenin-Orden der Linkspartei dafür", sagte Westerwelle.
Zum Schluss seiner bis dahin leidenschaftlichen Rede verlas der sonst frei sprechende Westerwelle sein Sieben-Punkte-Programm für den "Umbau des Sozialstaates". Das reicht von "Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet" und "Wir wollen die Aufnahme von Arbeit fördern, statt die Arbeitslosigkeit zu verwalten", über "Ältere dürfen nicht durch den Rost fallen" bis "Die beste Sozialpolitik ist eine gute Bildungspolitik". Damit konnte er die Stimmung nur noch mit Mühe hochhalten. Doch die Gäste applaudierten stehend. Ursula Ernst
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