Rechnungshof klagt über Behinderung durch Wirtschaftsministerium
München (dpa/lby) - Zwischen dem Bayerischen Obersten Rechnungshof und dem Wirtschaftsministerium ist ein massiver Streit entbrannt. Der ORH fühlt sich vom Ministerium in seiner Prüfungsarbeit behindert und hat deshalb am Donnerstag einen Sonderbericht zu den Vorfällen veröffentlicht - ein ausgesprochen ungewöhnlicher Schritt. Hintergrund ist die Weigerung einer Industrie- und Handelskammer (IHK), sich vom ORH prüfen zu lassen.
Trotz mehrfacher Aufforderung sei das Ministerium, die Aufsichtsbehörde der IHK, der Bitte um Unterstützung nicht nachgekommen, monieren die Kassenprüfer. Zudem habe das Haus von Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU)_auch die Herausgabe von eigenen Unterlagen über die Industrie- und Handelskammern verweigert. "Die geprüfte Stelle kann nicht selbst bestimmen, was und wie geprüft wird", heißt es in dem Sonderbericht an den Landtag. Die staatlichen Behörden hätten gegenüber dem Rechnungshof eine "unbeschränkte Auskunftspflicht".
Die betroffene Industrie- und Handelskammer hat den Angaben zufolge im Juni Klage gegen ihre Überprüfung eingelegt. Der ORH ist aber der Meinung, dass eine Kammer als so genannte landesunmittelbare Körperschaft sehr wohl dem Prüfungsrecht unterliegt. Das habe das Bundesverwaltungsgericht 1995 in einer letztinstanzlichen Entscheidung uneingeschränkt bestätigt, schreiben die Prüfer. Um welche der neun bayerischen Industrie- und Handelskammern es sich handelt, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Parallel dazu wollte der ORH auch die Arbeit des Wirtschaftsministeriums als Rechtsaufsichtsbehörde unter die Lupe nehmen. Mit Schreiben vom 1. September habe das Ministerium die Herausgabe der dafür notwendigen Unterlagen jedoch verweigert. Dem ORH fehle die Befugnis, den Inhalt zu verwenden, so laut Bericht die Begründung aus dem Hause Wiesheu. "Diese Betrachtungsweise macht den zweiten Schritt vor dem ersten", meinen dagegen die Prüfer. "Auf jeden Fall sind die Befürchtungen des Staatsministeriums nicht geeignet, das gesetzlich verankerte Informationsrecht des ORH von vornherein zu unterlaufen."
Der ungewöhnliche Bericht ist vom neuen ORH-Präsidenten Heinz Fischer-Heidlberger unterzeichnet und vom "Großen Kollegium" beschlossen. Mit der Weiterleitung an den Landtag erhoffen sich die Prüfer Unterstützung durch das Parlament.
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