Rockavaria-Festival: Nur ein bisschen Rock im Park
Ein guter Auftakt für Rockavaria in München. Aber entscheidende Schwächen und große Zweifel bleiben. Oder ist das der Durchbruch eines neuen Veranstaltungs-Typs?
Ältere Festivalgänger werden sich noch gut erinnern. Damals, als der Olympiapark schon einmal rockte. Wie das war, als die Fans versuchten, irgendwie doch noch ein richtiges Festival draus zu machen. Als sie also nach dem Ende der Konzerte im und um das Olympiastadion notdürftig und versteckt ein paar Zelte ins weite Grün pflanzten, um einfach weiter in die Nacht hinein zu feiern. Aber dann kamen die Ordnungskräfte und rissen die Zelte ein, unerbittlich. Camping verboten. Die Leute immerhin ließen sie hocken, bis die sich schließlich selbst trollten. Es wirkte also nicht wie ein Wunder, als das Festival bald darauf wegzog, um doch noch ein richtiges zu werden …
Erster Tag Rockavaria in München: Rockig
Nächste Woche feiert „Rock im Park“ in Nürnberg 20-jähriges Jubiläum – und München erlebt schon seit Freitag ein Deja-vu. Mit „Rockavaria“ versucht sich ein neues Festival im Olympiapark. Seit 14 Uhr dröhnt es von drei Bühnen: im Olympiastadion, in der Olympiahalle und im Theatron am Olympiasee. Gerade, es ist kurz vor fünf, ist es im großen Oval die Chaos-Kombo Bonaparte, sind es drinnen die finnischen Melodik-Rocker Poets of The Fall, sind es am Fuß der Schwimmhalle die schwedischen Truckfighters mit epischen Gitarren.
Ja, tatsächlich: alles Rock. Denn während viele sogenannte Rockfestivals längst auf ein breiteres Musikspektrum setzen, ist der Kern bei „Rockavaria“ sehr klar gesetzt. Natürlich wird es noch deutlich prominenter. Schon am Auftakttag mit den düsteren Gewittern von Paradise Lost und später mit amerikanischem Nu-Metal von Limp Bizkit, dem neusten japanischen Wahnsinnshit namens Baby Metal, deutscher Härte mit Eisbrecher, den US-Mädelsrockern von Incubus und vor allem dem Art-Rock-Spektakel von Muse. So wird es die ganzen drei Tage bleiben, sehr rockig, mitunter sehr arriviert und in den Spitzen berühmt: Kiss und Metallica, Faith No More und Judas Priest …
Beim Rockavaria im Olympiapark ist alles nah beisammen
Und wie es sich für ein Festival gehört, ist hier alles sehr nah beisammen. Auf den kurzen Wegen gibt es hinreichend Buden fürs Essen und Trinken, die meisten einfach seit den beiden AC/DC-Konzerten kürzlich gleich stehengeblieben. Auch das Wetter spielt anfangs noch mit: Ein sonniger erster Tag war es – bis es um halb zehn bei Muse doch anfing zu regnen. Ein guter Auftakt also. Der eine oder andere Regenguss hat doch immer schon zu einem richtigen Festival gehört, oder?
Aber eben: Ist das hier ein solches? Fehlt nicht etwas? Wirkt nicht alles irgendwie reserviert? Mehr als von den üblichen Anlaufschwierigkeiten des ersten Festivaltags verzögert. Ist der noch recht dürftige Zuschauerzustrom wirklich nur der Anreise und dem Freitag als Arbeitstag geschuldet? Von 50 000 verkauften Tickets sprach der Veranstalter zuletzt – ohne aufzuschlüsseln, wie viele davon für das ganze Festival oder nur für einen Tag gelöst wurden. Tägliche Kapazität: 68 000 . Das lässt Fragen offen.
Was aber zum Auftakt schon sehr wahrscheinlich wirkt: dass aus den drei Konzerttagen eben wieder nicht so recht ein richtiges Festival werden will. Vielleicht war ein Anzeichen dafür, dass man sich völlig untypisch für Festivals bereits bei den Tickets gegen Aufpreis auch Sitzplätze fest buchen konnte (für einen Tag knapp 90 statt knapp 85, für drei Tage 206 statt 187 Euro). Aber man kann das ja auch als Versuch verstehen, das Event eher auf Besucher auszurichten, die eh lieber im Hotel schlafen und sich auch gerne überdachte Sitzplätze sichern. Und spricht die Musik nicht ohnehin eher das gereiftere, klassische Rockpublikum an? Bands wie Kreator und Accept …
Der klassische Festivalgänger dagegen ist ja ein jugendlicher. Und mit ihm zieht auf dem Gelände gewöhnlich eine Dosis Wahn am Rand der bürgerlichen Welt ein, ausufernd in Fansein, Feierbräuchen und Bekleidung. Dieser Besucher aber stellt wie dereinst wieder fest: Der Hort dafür fehlt – Camping verboten. Das Festivalgelände Olympiapark ist nachts festivalfrei. Fürs Zelten wird man auf die üblichen Orte verwiesen, irgendwo in München. Als wäre ein Festival kein Ausnahmezustand. Ist das also nun ein „bürgerliches“ Rockfestival?
Hier geht es zum unserem News-Blog zum Rockavaria 2015
Line-Up Samstag: Diese Bands treten zu diesen Uhrzeiten auf dem Rockavaria auf
Das Rockavaria Line-Up am Sonntag: Zu diesen Uhrzeiten spielen folgende Bands
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