München (dpa/lby) - Wegen wachsender Konkurrenz zwingen immer mehr Bordellbetreiber Prostituierte zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit Freiern.
"Die Bordellbetreiber sagen den Frauen, sie dürften nur bei ihnen arbeiten, wenn sie sich zum Sex ohne Kondom bereit erklären", sagte Sabine Skutella von der Münchner Sozialberatungsstelle Mimikry am Donnerstag bei einer Sitzung des Sozialausschusses im Bayerischen Landtag. Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten könnten sich so verstärkt ausbreiten. "Ungeschützter Verkehr wird stark nachgefragt, denn die Kunden sind oft nicht besonders verantwortungsvoll", erläuterte Skutella.
Die Prostituierten hingegen hätten häufig keine andere Wahl, als den Wünschen der Freier nachzukommen. "Keine Frau macht das wirklich gerne", erklärte die Sozialpädagogin, die seit 17 Jahren Prostituierte berät. Da immer mehr Frauen aus Osteuropa nach Deutschland kämen und hier keine andere Arbeit fänden, wachse im ältesten Gewerbe der Welt der Konkurrenzdruck. "Gerade Frauen, die nicht so gut Deutsch sprechen, werden oft verharmlosende Geschichten erzählt und ihnen wird gesagt, das sei ja alles nicht so schlimm."
Die Grünen-Abgeordnete Renate Ackermann bezeichnete die Entwicklung in den Bordellen als "Bedrohung für die Volksgesundheit". "Auch Familienväter gehen in solche Etablissements", sagte Ackermann. So könnten Krankheiten auch an Unbeteiligte übertragen werden. "Das ist eine Gefahr für die ganze Bevölkerung."
Für die Polizei sei es kaum möglich, gegen Angebote für Sex ohne Schutz vorzugehen. "Laut der Hygieneverordnung müssen in Bayern beim Geschlechtsverkehr in Bordellen Kondome benutzt werden", sagte Michael Schwald vom Innenministerium. Allerdings sehe die Verordnung keine Strafen bei Verstößen vor. Wer Sex ohne Kondom mit einer Prostituierten habe, müsse nicht einmal mit einem Bußgeld rechnen. Oft sei es außerdem schwierig, Beweise für solche Praktiken zu finden, die auch vor Gericht Bestand hätten. "Die Kontrolle ist von der Natur der Sache her schwierig", sagte Schwald.
Anders als sonst häufig im Ausschuss der Fall, war sich ein Großteil der Politiker hier parteiübergreifend einig - nämlich dass solche Verstöße gegen die Hygieneverordnung in Zukunft streng bestraft werden müssten. Kathrin Sonnenholzner von der SPD kündigte an, nach der politischen Sommerpause einen Antrag auf eine Rechtsänderung vorzulegen, damit sich besonders Bordellbesitzer künftig auf harte Strafen einstellen könnten.