Verfassungsgerichtshof billigt Stimmkreisreform
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat Klagen gegen die Stimmkreisreform abgelehnt. Damit entsendet Oberbayern in Zukunft zwei Abgeordnete mehr in den Landtag.
Oberfranken und die Oberpfalz müssen sich endgültig mit je einem Landtagsmandat weniger begnügen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat mehrere Popularklagen gegen die Neueinteilung der Landtags-Stimmkreise abgewiesen, unter anderem der Grünen sowie der Landkreise Kulmbach und Wunsiedel. Die Stimmkreisreform verstoße nicht gegen die Bayerische Verfassung, entschieden die Richter am Donnerstag.
Oberbayern erhält die überzähligen Mandate
Damit bleibt es bei der beschlossenen Verringerung der Zahl der Landtagsmandate in der Oberpfalz und in Oberfranken von jeweils 17 auf 16 - im Gegenzug bekommt das bevölkerungsreiche Oberbayern zwei Mandate hinzu. Auch die Zusammenlegung der beiden Stimmkreise Kulmbach und Wunsiedel ist laut Urteil mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Die Kläger reagierten enttäuscht, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zeigte sich erfreut.
Gerichtspräsident Karl Huber sagte, der Grundsatz der Wahlgleichheit werde durch die Stimmkreisreform nicht verletzt - die Klagen seien deshalb unbegründet. Der Gesetzgeber habe wegen des Bevölkerungsrückgangs in Oberfranken und der Oberpfalz und wegen des Zuwachses in Oberbayern handeln müssen. Zudem habe der Gesetzgeber bei der Zusammenlegung der Stimmkreise Kulmbach und Wunsiedel seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Der Landtag hatte die Reform im vergangenen Herbst beschlossen - nach langem Tauziehen innerhalb der schwarz-gelben Koalition. Die neue Aufteilung gilt von der Landtagswahl im Herbst 2013 an.
Innenminister Herrmann zeigt sich zufrieden
Herrmann erklärte: "Ich freue mich, dass unser Gesetz jetzt vom höchsten bayerischen Gericht bestätigt worden ist. Damit haben alle Kandidaten, die sich für die Landtagswahl bewerben, endgültig Rechtssicherheit." Die Vorwürfe der Opposition hätten sich als haltlos erwiesen. "Es hat sich gezeigt: Unser Gesetzentwurf ist wohl abgewogen." Veränderungen seien auf das notwendige Maß beschränkt.
Der Bamberger Grünen-Kreischef Andreas Lösche - einer der Kläger - sagte, er sei von dem Urteil enttäuscht: "Das ist kein guter Tag für Oberfranken." Er hätte sich wenigstens gewünscht, dass das Gericht dem Gesetzgeber für die nächste Stimmkreisreform einige klare Vorschriften gemacht hätte.
SPD fordert Verfassungsreform
Der Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete Peter Meyer erklärte: "Die Stimmkreisreform mag laut Urteil nicht verfassungswidrig sein, aber sie bleibt für die Region ein schlechtes Ergebnis." Joachim Hanisch (Freie Wähler) klagte, strukturschwache Regionen verlören so immer stärker an politischer Bedeutung. Der SPD-Rechtsexperte Franz Schindler erklärte, der Landtag müsse nun eine politische Lösung finden - etwa die Verankerung einer bestimmten Mindestzahl von Mandaten pro Regierungsbezirk in der Verfassung.
Der Kulmbacher Landrat Klaus Peter Söllner nannte das Urteil einen "Schlag". Eine gemeinsame Identität im neu geschaffenen Stimmkreis Wunsiedel-Kulmbach werde sich nur schwer herstellen lassen. FDP-Landtagsfraktionschef Thomas Hacker erklärte: "Ein Neuzuschnitt der Stimmkreise im Westen Oberfrankens wäre für mich die bessere Alternative gewesen. Doch dies war, auch nach längeren Diskussionen mit unserem Koalitionspartner, leider nicht konsensfähig."
Kläger argumentierten mit Verstoß gegen die Sperrklausel
Die Kläger hatten unter anderem argumentiert, dass die Verringerung der Zahl der Mandate in Oberfranken und der Oberpfalz rechnerisch dazu führen könnte, dass eine Partei dort für ein Mandat mehr als fünf Prozent der Stimmen holen müsste. Das verstoße gegen die Verfassung, weil die Sperrklausel bei fünf Prozent liege.
Die Richter urteilten dagegen, die Verringerung der Mandatszahlen führe nicht zu einer zusätzlichen, über die Fünf-Prozent-Sperrklausel hinausgehenden Sperrwirkung. Der Eintritt einer zusätzlichen faktischen Sperrwirkung sei "so wenig wahrscheinlich", dass eine Beeinträchtigung der Wahlgleichheit ausgeschlossen werden könne. Huber sprach von einer lediglich "theoretischen Grenzsituation".
Gesetzgeber hat seine Kompetenzen nicht überschritten
Die Landkreise Kulmbach und Wunsiedel wiederum hatten argumentiert, bei dem zusammengelegten Stimmkreis handle es sich um ein Kunstobjekt. Tatsächlich haben die beiden Kreise keine gemeinsame Grenze, weshalb einige Gemeinden des Kreises Bayreuth als Verbindung hinzukommen - Kritiker sprechen daher nur vom "Hundeknochen".
Dazu sagte das Verfassungsgericht, der Gesetzgeber habe "den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten". Er habe beim Neuzuschnitt der Stimmkreise zwischen verschiedenen Alternativen abwägen müssen - und das sei auch allein Aufgabe des Gesetzgebers. dpa/AZ
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