Zu wenig Plätze: Freistaat will mehr Geld in Frauenhäuser stecken
Immer wieder müssen Frauenhäuser in Bayern Opfer von Gewalt abweisen, weil es zu wenige Plätze gibt. Wie das Sozialministerium die Einrichtungen unterstützen will.
Jede vierte Frau in Deutschland hat schon einmal körperliche, sexuelle oder psychische Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Die Opfer werden verprügelt, gestalkt oder vergewaltigt. Viele der Frauen sind traumatisiert und schaffen es oft erst nach Jahren, sich Hilfe zu holen – zum Beispiel über einen Frauennotruf oder in einem Frauenhaus. Doch dort einen Platz zu bekommen ist schwierig.
Die Frauenhäuser warten seit Jahren auf mehr Förderungen
Denn die Frauenhäuser sind häufig komplett belegt. In Augsburg zum Beispiel müssen Frauen manchmal sogar abgewiesen und an andere Einrichtungen vermittelt werden – obwohl die Einrichtung derzeit 21 Plätze für Frauen und 21 für Kinder anbietet. „Das ist unser größtes Problem“, sagt die Leiterin des Augsburger Frauenhauses, Birgit Gaile. „Wir brauchen dringend mehr Plätze für Frauen, die Schutz suchen. Und die nachgehende Betreuung sollte besser geregelt werden, damit Frauenhausplätze schneller wieder frei werden.“
Die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer will jetzt die Einrichtungen unterstützen. Im September läuft eine staatliche Förderung an, damit Frauenhäuser ihr Platzangebot ausbauen und mehr Personal anstellen können.
Diese Ankündigung hat eine Vorgeschichte: 2016 veröffentlichte die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg eine Studie, die das Sozialministerium 2014 in Auftrag gegeben hatte. Sie kam zu dem Ergebnis, dass in Bayern in einem Jahr in 2800 Fällen Frauen abgewiesen werden mussten, weil es keine freien Plätze gab. „Die Studie hat gezeigt, wie dringend die Frauenhäuser unterstützt werden müssen“, sagt Birgit Gaile. „Jetzt warten wir seit Jahren darauf, dass die Förderungen endlich angesetzt werden.“
Für jedes Frauenhaus gibt es eine zusätzliche Erzieherin
Eine kleine Erleichterung spürte die Frauenhaus-Leiterin schon im vergangenen Jahr. 2018 stellte Sozialministerin Schreyer den Drei-Stufen-Plan zum Gewaltschutz vor. Eine Sprecherin des Sozialministeriums erklärt: „Dieser Plan sieht Sofortmaßnahmen bei häuslicher Gewalt gegen Frauen vor, die schnell umgesetzt werden konnten, sowie kurz- und mittelfristige Maßnahmen, die ab diesem Jahr greifen.“
Im ersten Schritt stellte das Sozialministerium eine Million Euro bereit, um mehr Erzieherinnen anzustellen, die sich um die Kinder der betroffenen Frauen kümmern. Oben drauf kamen noch einmal 500.000 Euro für die Notrufe und für den Ausbau der Präventionsarbeit. „Das haben wir bei uns sofort gespürt“, erzählt Gaile. Mit der zusätzlichen Erzieherin seien die Kinder viel besser versorgt, es gebe Spielstunden, Gruppenarbeit und es sei auch mal Zeit, um sich nur mit einem Kind zu beschäftigen.
Die zweite Stufe des Plans beginnt nun im September. „Es sollen der Platzausbau in den Frauenhäusern vorangetrieben sowie Mittel für eine Verbesserung der Personalausstattung bereitgestellt werden“, teilt die Ministeriumssprecherin mit. Für einen Großteil dieser Förderungen stellt der Freistaat im Doppelhaushalt 2019/2020 eine Summe von 16 Millionen Euro zur Verfügung.
Gewalt gegen Frauen spielt sich nicht nur im häuslichen Bereich ab
Auf der dritten Stufe soll dann ein Gewaltpräventionskonzept erarbeitet werden. „Dieses beschränkt sich nicht nur auf körperliche und sexualisierte Gewalt und auch nicht auf die bisher im Fokus stehenden Zielgruppen“, erklärt die Sprecherin des Ministeriums. Gewalt spiele sich nicht nur im häuslichen Bereich ab und richte sich nicht nur gegen Frauen. „Die Formen von Gewalt in unserer Gesellschaft werden vielschichtiger. Auch für seelische Gewalt, Zwangsverheiratung und Menschenhandel braucht es passgenaue Hilfen.“
Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist rund um die Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 08000/ 116016 erreichbar. Die Beratung ist vertraulich, kostenlos und wird in 18 Sprachen angeboten.
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