Quereinsteiger, mehr Stunden, weniger Teilzeit: Die Ideen gegen den Lehrermangel wiederholen sich endlos. Zeit, viel weiter zu denken.
Im Grunde ist an Bayerns Schulen jeder Unterrichtstag ein Rechtsbruch. Denn Lehrerinnen und Lehrer können schon lange nicht mehr leisten, was das bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz von ihnen verlangt. Konnten sie vielleicht noch nie, wenn man ehrlich ist.
Elf Gebote sind es insgesamt im sogenannten BayEUG, der Gesetzesbibel für die Schulen. Etwa heißt es darin: Lehrkräfte sollen Wissen und Können vermitteln. Sie sollen Kinder und Jugendliche in die Lage versetzen, selbst zu urteilen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Toleranz sollen sie lehren. Gleichzeitig ein "europäisches Bewusstsein" wecken und die Liebe der Schüler zur Heimat. Kämpfer für den Rechtsstaat sollen die Kinder einmal sein, ebenso für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Fakt ist: Nicht einmal ihre erste Aufgabe, Wissen vermitteln, können Lehrkräfte noch so ausfüllen, wie sie gerne würden. Dafür sind sie im Laufe der Jahre schlicht zu wenige geworden in den Klassenzimmern. Die Leistungen der Schülerinnen und Schüler sinken, das ist längst bewiesen. Was wächst, ist die soziale Kluft und für immer mehr Jugendliche das Risiko, ohne Abschluss die Schule zu verlassen.
Lehrermangel: Die Bildungsqualität retten
Deswegen ist es Zeit, jeden Stein umzudrehen auf der Suche nach Lehrkräften und vor allem nach Lösungen. Man sollte nachdenken dürfen über mutige Experimente und kühne Lernideen, ohne dass jemand gleich das Ende der Bildungsqualität heraufbeschwört. Mit der ist es definitiv irgendwann vorbei, wenn es so weitergeht wie bisher.
Schulen brauchen Retterinnen und Retter. Sie brauchen Verwaltungskräfte, die den verbliebenen Pädagoginnen und Fachlehrern Zeit freiräumen für das, wofür sie alle ursprünglich einmal studiert haben: für die Arbeit im Klassenzimmer, für guten Unterricht. Der Staat muss Stellen für Verwaltungskräfte schaffen, die Klassenlisten führen und Elternabende organisieren, sich um alles Bürokratische kümmern. Korrekturassistentinnen und -assistenten, wo immer das sinnvoll ist. Und wenn die Künstliche Intelligenz das nächste Arbeitsblatt erstellt, auch okay.
Warum nicht auch nachdenken über engagierte Eltern und Ehrenamtliche? Schon jetzt gibt es Erfolgsbeispiele – etwa an einer Gesamtschule in Niedersachsen. Dort übernehmen Mütter und Väter freiwillig pro Woche zwei Schulstunden. Sie kochen mit den Kindern und Jugendlichen, spielen Hockey oder erkunden gemeinsam ihre Stadt. Der Lehrplan wird hier nicht durchgepaukt. Aber das Projekt erzieht Schüler – Stichwort Unterrichtsgesetz – zu selbstständigen, gemeinschaftsfähigen Wesen. Und am Ende sprechen Eltern und Lehrer alles Erlebte pädagogisch durch.
Bisherige Maßnahmen machen Beruf des Lehrers unattraktiv
Auch Musikschulen und Sportvereine könnten einspringen, wo Stunden sonst auszufallen drohen. Sie sollen mit ihren Musik- und Bewegungsangeboten ohnehin mehr an Schulen einbezogen werden, wenn bald der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung kommt. Da sollten Schulen auch jetzt schon die Chancen in ihrem Ort oder ihrer Stadt nutzen (dürfen).
Natürlich, solche Ideen funktionieren nicht überall. Müssen sie auch nicht. Aber bisher haben fast alle Notfallwerkzeuge gegen den Personalmangel in den Klassenzimmern eins gemeinsam – seien es Mehrarbeit für die verbliebenen Lehrkräfte, Teilzeit-Einschränkungen oder die Streichung des verfrühten Ruhestands: Sie alle machen den Lehrerberuf noch unattraktiver. Und damit ist langfristig niemandem geholfen.
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Aus Sicht eines Lehrers kann ich da nur sagen: um Himmels Willen, bitte nicht!
Engagierte Eltern in alten Ehren, aber Unterricht und Betreuung im Klassenverband ist eine komplexe Aufgabe. Außerdem würde so die Linie zwischen zu Hause und Schule weiter an Unschärfe gewinnen - sie ist aber wichtig. Schule ist auch eine Zuflucht, vor einem problematischen Elternhaus, „schwierigen“ Eltern (Pubertät ahoi), Geschwisterzank usw.
dieser Vorschlag ist zwar schön plakativ, zeugt aber von geringer Sachkenntnis.
Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, daß die Bildung funktioniert. Es müssen Lehrer eingestellt werden.
Exakt und ich erinnere mich noch daran als man begann den "Lehrern" keine Festanstellung mehr, geschweige Verbeamtung, zu gewähren.
Man hat sie sogar teils in den Ferien entlassen um Gehälter zu sparen und nicht wenigen bekamen während dieser Zeiten lediglich Hartz4.
Da wundert man sich heute wirklich noch über einen Mangel?
Ja, warum nicht? Warum nicht auch nachdenken über "engagierte Eltern", um dem allgemeinen Lehrer(innen)mangel zu begegnen, wie Sarah Ritschel es vorschlägt? Zumal Deutschland ja schon vor über 10 Jahren von der damaligen Kanzlerin zur "Bildungsrepublik" erklärt worden ist! Da muss sich doch jede(r) angesprochen fühlen, oder? Aber Frau Ritschels Forderung "Eltern ins Klassenzimmer!" ist halt allzu plakativ und bedarf der Differenzierung. Denn ohne pädagogische Ausbildung und unterrichtliche Erfahrung werden Eltern die fehlenden Pädagog(inn)en nicht ansatzweise ersetzen können. Allerdings könnten Eltern die Lehrkräfte ihrer Kinder bei den vielen Aufsichten entlasten, die schon frühmorgens vor Unterrichtsbeginn, dann in allen Pausen und natürlich zu all jenen Zeiten anfallen, wenn die Schulbusse fahren. Und jenseits dieser unverzichtbaren Aufsichten zum Wohl der Kinder bietet sich ein weiterer schulischer - wenngleich pädagogikfreier! - Tätigkeitsbereich an, den "engagierte Eltern" ohne Einarbeitung ehrenamtlich sofort übernehmen könnten, um den Sachaufwandsträger finanziell zu entlasten: nämlich die Reinigung der Unterrichtsräume! Also ja, her mit den "engagierten Eltern und Ehrenamtlichen" zum Putzen der Klassenzimmer, die tagtäglich von ihren Sprößlingen mehr oder weniger zugemüllt werden! Damit der Begriff "Schulfamilie" eine weitere praktische und nützliche Dimension bekommt, gell? - Honni soit qui mal y pense!
Hallo gehts noch? Eltern sind seit Corona schon Lehrkräfte auf Abruf bzw Befehl in letzter Minute. Gestern wieder - email vom Hort: sorry wir haben morgen zu wg Krankheit. Ja gehts noch? Welcher Arbeitgeber würde dies zum wiederholten mal akzeptieren? Homeschooling, immer wieder Unterrirchtsausfall wg Krankheit, Fachkräftemangel, Fortbildungstage und so weiter. Wenn ich nur über die 4 sogenannten Besprechungstage pro Jahr reden müsste dann platzt mir der Kopf. In welcher Welt leben Sie eigentlich? Eltern müssen Beruf und Erziehung bewältigen, ganz klar. Aber weil die staatlichen und "bezahlten" Institutionen das nicht hinbekommen geht dies über die Grenzen des erträglichen hinaus. Hier machen es sich einige Leute sehr sehr bequem und jammern vor sich hin wie schlimm alles ist. Kriegt mal euren Hintern hoch und beantragt endlich die Fördergelder des Bundes für Schulsanierung, Internet und Unterstützung. (lt Artikel in der AZ sind nur ca 20% der genehmigten Fördergelder abgerufen worden)
Machen und ned nur jammern!!!