IT-Ermittler fahnden nach Raubkopien
Virus-Attacken, geheime Kommandozentralen, Mafia-Banden. Was sich wie der Inhalt eines spannenden Computerspiels liest, ist längst Ernst geworden. Software-Piraten entern das Internet, plündern das Know-how der Technologie-Konzerne und machen Milliardengewinne mit Raubkopien, die sie im World Wide Web anbieten. Die Softwarekonzerne halten dagegen und schicken immer mehr eigene IT-Ermittler auf Streife ins Netz.
"Wir haben 15 Computerspezialisten an einem geheimen Ort in London sitzen. Mit Hilfe von Suchmaschinen durchkämmen sie rund um die Uhr das Internet nach verdächtigen Websites", sagt Georg Herrnleben, Europa-Chef des internationalen Industrieverbandes Business Software Alliance (BSA) in München. "Wird eine Site mit illegaler Ware entdeckt, gibt die BSA eine Warnung an den Betreiber heraus. Schließt er die Seite nicht innerhalb von 24 Stunden, werden die nationalen Behörden informiert." Allein in diesem Jahr seien schon mehr als 2500 Websites geschlossen worden. Aber nicht jeder Fälscher ergibt sich kampflos. Herrnleben: "Unsere Experten mussten schon häufig Hacker-Angriffe auf die Computer abwehren."
Milliardenschäden
In 65 Staaten vertritt die BSA seit 1988 die Copyright-Interessen der führenden Software-Entwickler. Ein Kampf gegen Windmühlen, denn das Heer der Raubkopierer wächst: 37 Prozent der weltweiten Software sind Raubkopien. Der Schaden der Industrie beträgt mindestens 24 Milliarden Mark, knapp 1,3 Milliarden Mark allein in Deutschland - so lauten die Eckdaten einer BSA-Statistik für das Jahr 2000.
Die Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) mit Sitz in Hamburg schickt ebenfalls eigene Ermittler ins Netz. Seit 1984 bekämpft ein Team von ehemaligen Polizisten, EDV-Spezialisten und Juristen den illegalen Handel mit Entertainment-Software wie Computergames und digitale Spielfilm-CDs. "Wir arbeiten aber nicht nur am Computer. Wenn wir auf verdächtige Angebote im Internet stoßen, beginnen verdeckte Ermittlungen vor Ort, zum Beispiel Testkäufe bei den Händlern. Ist die Ware illegal, werden die Behörden eingeschaltet", sagt GVU-Ermittlungsleiter Bernd Kulbe. Sein zehnköpfiges Team brachte im vergangenen Jahr rund 1000 Strafverfahren ins Rollen.
Der Branchen-Gigant Microsoft agiert an mehreren Fronten. Er unterstützt Organisationen wie die BSA und GVU bei ihren Ermittlungen, bietet Polizei und Zoll Piraterie-Workshops und hat eine eigene Anti-Piracy-Abteilung. In Europa managen fünf Chefermittler die Jagd nach Softwaredieben. Der Kopf der deutschen Microsoft-Ermittler hat zehn Privatdetekteien mit der Suche nach kopierten Firmenprodukten beauftragt. Namen nennt er nicht, auch nicht seinen eigenen: "Das Geschäft ist nicht ganz ungefährlich - vor allem bei Ermittlungen in Osteuropa."
Behörden ziehen mit
Trotz der Risiken haben viele Softwarefirmen und Detekteien das Aufspüren von Raubkopien als Marktlücke entdeckt. Unternehmen wie Software Army International, Novell, timeservice oder SECU-MA bieten Internetrecherchen und auch weiterführende Ermittlungen wie Observationen an. Die Behörden stehen dabei nicht im Weg. "Im Gegenteil, wir sind für jede Hilfe dankbar. Uns fehlt einfach das technische Equipment und das Personal", sagt Bernhard Witthaut vom Bundesvorstand der Polizeigewerkschaft GdP. Deshalb sei vor allem die Zusammenarbeit mit großen Organisationen wie BSA und GVU notwendig.
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