Warum Eltern keine Fotos ihrer Kinder bei Facebook posten sollten
Kinderfotos bei Facebook - NoGo oder alles halb so wild? Im Netz sorgte die Frage zuletzt für Diskussion. Aber wo liegen eigentlich die konkreten Gefahren? Nachgefragt beim Experten.
"Hören Sie bitte auf, Fotos Ihrer Kinder für jedermann sichtbar bei Facebook und Co zu posten. Danke!" Der Appell der Polizei in Hagen (NRW) sorgte Mitte Oktober für Aufsehen im Netz. Ausgerechnet bei Facebook wurde das polarisierende Foto in Kürzester Zeit tausendfach geliked, geteilt und kommentiert.
Aber wie bewerten Experten die Aktion? Und was raten sie Eltern und Kindern im Umgang mit Fotos und Sozialen Netzwerken? Wir haben mit Frank Spaeing, externer Datenschutzberater und Sprecher der Initiative "Datenschutz geht zur Schule" des Berufsverbands der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) gesprochen.
Herr Spaeing, was für ein Foto haben Sie denn zuletzt privat bei Facebook gepostet?
Spaeing : Keins. Ich bin nicht bei Facebook.
Warum denn das?
Spaeing: Natürlich übt Facebook einen gewissen Reiz aus - egal, ob man seine Zeit vertrödeln will, oder Informationen sucht. Ich bin mir jedoch der Intention des Anbieters bewusst. Und der Business Case von Facebook heißt einfach: Erfahre möglichst viel über Deine Nutzer und platziere dann passende, direkt die Nutzer ansprechende Werbung.
Dass Facebook im großen Stil Daten sammelt, ist nun nichts Neues. Ein Aspekt der zuletzt durch eine Aktion der Polizei in Hagen in den Fokus rückte, ist der allzu freigiebig Umgang vieler Eltern mit den Fotos ihrer Kinder. Was halten Sie von dieser Aktion?
Spaeing: Ich kenne die konkrete Aktion zwar nicht. Grundsätzlich finde ich es aber sehr gut, dass jemand das mal so deutlich sagt. Denn viele Eltern sind sich nicht bewusst, was sie ihren Kindern damit antun können. Was aus ihrer Sicht heute vielleicht "total süß" ist, kann in ein paar Jahren ein Grund dafür sein, dass der Sohn oder die Tochter in der Schule gemobbt wird.
Hinzu kommt der rechtliche Aspekt. Was genau darf Facebook mit den Fotos machen?
Spaeing: Nach deren AGS: so ziemlich alles. Dazu muss man wissen, dass die US-Amerikaner ein anderes Verhältnis zu Privatsphäre haben. Privat ist dort, was zuhause passiert. Alles was jenseits der eigenen vier Wände stattfindet, ist öffentlich. Das nutzt Facebook, indem es sagt: Wenn du etwas bei uns teilst, ist es nicht mehr deins, sondern unseres. Ganz konkret wird das dadurch deutlich, dass der Nutzer Facebook durch die Zustimmung zu den AGB ein uneingeschränktes Nutzungsrecht zum Beispiel auch für Bilder einräumt.
Haben Sie Beispiele?
Spaeing: Ich kenne zum Beispiel den Fall einer Schülerin, eine begeisterte Springreiterin. Sie hat gerne Fotos von sich auf ihrem Pferd geteilt. Eins dieser Fotos ist dann unter dem Motto "hoch hinaus" in der Werbung eines Mobilfunkanbieters aufgetaucht. Facebook hatte das Foto offenbar an eine Werbefirma weiterverkauft. Das klingt jetzt relativ harmlos. Theoretisch hätte es aber auch die Werbung für ein Inkontinenzmittel sein können. Wenn Eltern Bilder ihrer Kinder posten, sollten sie sich vor Augen führen, dass das Foto irgendwo auf der Welt vielleicht für eine Kampagne für Babynahrung verwendet wird.
Ein anderes Szenario ist, dass Kriminelle, Pädophile oder Stalker an die Fotos gelangen. Wie realistisch ist das?
Spaeing: Bei den Eltern-Vorträgen, die ich an Schulen halte, sind immer mal wieder auch Polizisten dabei. Diese berichten zwar von relativ geringen Fallzahlen, das Potenzial ist aber zweifellos da. Wer ein Foto ins Internet stellt, hat keinen Einfluss darauf, wer das Bild sieht und wer sich eventuell eine Kopie davon macht. Und man sollte sich bewusst sein, dass theoretisch Millionen von Menschen Zugriff darauf haben - und bei dieser Zahl sicherlich auch ein paar Freaks dabei sein können, die eher nicht so schöne Motive haben. In diesem Zusammenhang finde ich es dann auch nicht sehr beruhigend, wenn man dank der Ortungsfunktion mit geringem technischem Aufwand den Standort herauslesen kann, wo das Foto aufgenommen wurde.
Was raten Sie Eltern und Kindern, wie Sie mit ihren Fotos bei Facebook umgehen sollen?
Spaeing: Das Wichtigste ist: keine Spontanaktionen. Erst überlegen, was die Konsequenzen sein können. Und es vielleicht dann auch einfach mal sein lassen.
Die Initiative "Datenschutz geht zur Schule": Seit Anfang 2010 sind Dozenten des Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) mit Unterrichtskonzepten für die Sekundarstufen I und II bundesweit an Schulen unterwegs, um Schülern klare und einfache Verhaltensregeln für den sensiblen Umgang mit ihren persönlichen Daten im Netz näher zu bringen. Weitere Informationen zum Projekt gibt es hier. drs
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