Marodes Gasthaus Adler: „Abriss würde Haunsheim die Identität rauben“
Das Gasthaus Adler in Haunsheim sollte abgerissen werden. Nun sucht die Gemeinde nach Alternativen. Gut so, sagt ein Anwohner. Er verweist auf eine lange Historie und große Bedeutung.
Das ehemalige Gasthaus zum Adler in Haunsheim hat eine lange Geschichte. Zuletzt war die Rede davon, dass das Gebäude aus dem Jahr 1669 stammt. Doch offenbar geht die Historie noch weiter zurück. „Fakt ist, dass das Gebäude in Wahrheit viel, viel älter ist“, schreibt Manfred Haßler. Er hat sich mit der Geschichte seines Heimatortes Haunsheim auseinandergesetzt – und speziell mit dem historischen Gebäude an der Hauptstraße.
Haunsheim: Das Gasthaus Adler hat eine lange Historie
Laut Haßler wurde es 1533 unter Christoph Harbach schon erwähnt und ist somit mindestens 136 Jahre älter als angegeben. „Die ehemalige herrschaftliche Tafern, das Gasthaus zum Doppel-Adler, ist ein ehrwürdiges Gebäude aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Bau ist in seinen Ursprüngen älter als Kirche, Alte Schule, Schmiede, Schloss, Rathaus und die Ökonomie“, erklärt Haßler. Es sei auf allen frühen Ortsansichten ab 1609 als ortskernprägendes Gebäude abgebildet.
Erste urkundliche Nennungen aus den Jahren 1533, 1539, 1552, 1560 und 1580 geben nach seinen Angaben Kunde über Leiblehen, Kauf und Verkauf der Liegenschaft über die Ausstattung derselben und ihre jeweiligen Besitzer und Lehensträger. Einzusehen sei dies im Repertorium der Herrschaft Haunsheim im Staatsarchiv Augsburg. Laut Haßler wechselte im Jahr 1960 das Gasthaus den Besitzer, der 1962 die sanitären Anlagen erneuerte, die Zimmer auf der Giebelseite wohnlich herrichtete, die Gaststube renovierte und den Eingang mit Zustimmung des Amtes für Denkmalpflege erweiterte. „Durch diese Zugangserweiterung wurde der schöne und für einen Renaissancebau typische säulenbegrenzte Eingang mit Dreieckgiebeldach leider entfernt.“
Die Räumlichkeiten sind komplett heruntergekommen
Auf dem Bild von 2001 ist noch der vollständige Wirtschaftskomplex der ehemaligen herrschaftlichen Brauereigaststätte zu sehen. Am Renaissancestadel, aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, habe schon in den 1990er-Jahren erheblicher Renovierungsstau bestanden, so Haßler. Nachdem die Besitzerfamilie auf Anraten des Denkmalamtes schon für 5000 D-Mark historische Dachziegel anfertigen ließ, gekauft und verlegt hatte, konnte sie weitere Belastungen nicht schultern. Die mündlich zugesagten öffentliche Förderungen für das historische Gebäude blieben komplett aus und auch im Zuge der Dorferneuerung standen keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung. Somit wurde der Stadel im September 2009 abgerissen, berichtet Haßler. Der Verfall des Gebäudes habe sich aus seiner Sicht rasant beschleunigt, nachdem das Ortskern prägende, historische und unter Denkmalschutz stehende ehemalige Wirtshaus zum Doppeladler 2016 in den Besitz der Gemeinde übergegangen ist.
Mittlerweile sind die Räumlichkeiten komplett verwaist und heruntergekommen. Eine Untersuchung bescheinigte den Gemäuern 2018 eine katastrophale Bausubstanz. Eine Instandsetzung würde rund 2,5 Millionen Euro kosten, hieß es damals. Zu viel für die Gemeinde, die beim Landratsamt den Abriss beantragte. Die Genehmigung ist mittlerweile da. Nach wie vor ist die Zukunft des Gebäudes jedoch ungewiss. Haßler macht sich Sorgen um den historischen, ehemaligen Gasthof. „Der Gebäudekomplex hat den Schmalkaldischen Krieg, den Dreißigjährigen Krieg, Seuchen und Katastrophen, die Napoleonischen Kriege, den Spanischen Erbfolge-Krieg, die Kriege des 19. Jahrhunderts, den Ersten und den Zweiten Weltkrieg überstanden, ob er aber dem Abrisswillen eines kommunalen Gremiums standhalten wird, ist fraglich.“
Haßler ist sich sicher: „Der Abriss würde Haunsheim vollends die Identität rauben und die brachen Schotterflächen im Ort erweitern.“ Der Haunsheimer hofft laut eigener Aussage darauf, dass neue Denkmodelle den Abriss des historisch wertvollen Gebäudes verhindern helfen. Tatsächlich versucht die Gemeinde, Alternativen zum Abriss zu finden. Der Gemeinderat hat kürzlich beschlossen, das Büro „Die Denkmalschutz Immobilie“ damit zu beauftragen, nach möglichen Investoren für das Projekt zu suchen. Das Büro aus dem mittelfränkischen Ellingen ist auf denkmalgeschützte Objekte spezialisiert.
Laut Bürgermeister Christoph Mettel soll die Suche nach Investoren über den Zeitraum von einem Jahr laufen. Theoretisch seien viele Nutzungen für den historischen Gebäudekomplex denkbar, so der Rathauschef. Klassische Lösungen seien etwa Gastronomie und Wohnungen. Auch die Schlagworte Dorfladen und Arztpraxis fallen. „Wahrscheinlich gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, an die wir noch gar nicht denken“, sagt Mettel. Es müsse jedoch klar sein, dass auch ein Abriss oder ein Teilabriss infrage kommen könnten – wenn es aus wirtschaftlicher Sicht die sinnvollste Lösung wäre. „Eine solche Entscheidung würde sich keiner leicht machen“, betont der Bürgermeister. Von einer finalen Lösung sei man jedoch weit entfernt. „Wir stehen erst ganz am Anfang.“
Zur Sorge, dass mit dem Abbruch des ehemaligen Gasthauses der Gemeinde die Identität genommen werden würde, sagt Mettel: „Jedes Haus im Ort ist ein Stück Haunsheimer Identität.“ Die jeweilige Bedeutung hänge von persönlichen Erlebnissen und Erinnerungen ab. „Für manchen ist das eigene Elternhaus zehnmal wichtiger.“
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