Eine Feuerwehr wehrt sich
Aislinger Helfer fürchten um ihr Image. Bürgermeister Kopriva bezieht klar Position
Funkübungen, Gerätepflege, Kommandantenausbildung, Faschingsball, Fahnenabordnung, Maibaumaufstellen, Kreisjugendzeltlager, Leistungsprüfungen, Jahreshauptversammlung oder Dokumentationen. Nicht zu vergessen hoheitliche Aufgaben wie Feuerbekämpfung, Verkehrsregelungen, Schulungen oder technische Hilfeleistungen. Die Liste der Aufgaben einer Freiwilligen Feuerwehr lässt sich beliebig fortsetzen. Stefan Stricker hat solch eine Liste angefertigt und der Redaktion geschickt. Um zu zeigen, was er und seine Kameraden leisten müssen beziehungsweise in ihrer Freizeit leisten wollen. Stricker ist Vorsitzender des Feuerwehrvereins Aislingen und stand vergangene Woche vor Gericht. Wie berichtet, klagte eine Nachbarin, die im Ortskern neben dem Feuerwehrheim wohnt, die Floriansjünger an. Ihre Vorwürfe: Die Mitglieder des Vereins würden nach Einsätzen oder Übungen die ganze Nacht im Gerätehaus zusammensitzen, oder es werden Partys gefeiert. Die Nachbarin klagte auf Unterlassung und Schadensersatz wegen Lärmbelästigung. Die Parteien einigten sich auf einen widerruflichen Vergleich, nachdem sich die Feuerwehrmänner dazu verpflichteten, die gesetzlichen Richtlinien des Immissionsschutzes einzuhalten – „um des lieben Friedens willen“, wie es die Richterin in Augsburg sagte.
Für Stricker und seine Kameraden ist der Fall damit aber nicht vom Tisch. Dem Aislinger ist es wichtig, dass sein Verein in der Öffentlichkeit nicht als Partytruppe oder Ähnliches abgestempelt wird. Er sagt: „Es ist sehr viel, was die aktive Wehr und der Feuerwehrverein für unsere Gemeinde und ihre Einwohner erledigen. Deshalb ist es auch sehr nervenaufreibend und belastend, wenn wir uns mit unserer Nachbarin wegen angeblicher Lärmbelästigung vor Gericht auseinandersetzen müssen.“ Die Feuerwehr wisse, dass die Nachbarin gesundheitlich angeschlagen sei. Vor Gericht gab sie an, dass sie an starker Migräne leide. Deshalb würden die Aislinger Floriansjünger laut Stricker eh schon mehr aufpassen. Übungen würden pünktlich beendet und es werde versucht, unnötigen Lärm zu vermeiden. Stricker: „In Zukunft werden wir wie bisher darauf achten. Aber wir dürfen nicht nur an den persönlich bedingten Lärmschutz während der Tagzeiten denken, sondern unsere Hauptaufgaben nicht aus dem Auge verlieren: Helfen, Menschen retten und bergen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Wir sind es, die helfen, wenn jemand in eine missliche Lage kommt. Wir sind kein Partyverein, sondern wir sind zum Helfen und Retten von all unseren Mitbürgern da, ob sie uns mögen oder nicht, und wir werden alles Mögliche tun, dies in unserer Freizeit zu erreichen.“
Aislingens Bürgermeister Jürgen Kopriva bezieht ebenfalls klar Position. Er stehe hinter seiner Feuerwehr. Der Rathauschef sagt, dass er selbst einen ganzen Ordner angelegt habe, in dem alle Vorkommnisse der vergangenen sieben Jahre zwischen Nachbarin und Feuerwehr dokumentiert seien. Falsches Verhalten des Vereins könne er in keinem Fall erkennen. Seiner Meinung nach würden die Kameraden die „Nachbarin weitgehend und über ein normales Maß hinaus schonen“.
Der Bürgermeister spricht von „falschen Anschuldigungen“ der Nachbarin. In einer Stellungnahme schreibt Jürgen Kopriva: „Unsere Freiwillige Feuerwehr Aislingen versucht jeglicher Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Sie schränkt sich bisher schon mehr ein, als sie müsste. Die Feuerwehr Aislingen ist weder ein Partyverein noch Ruhestörer.“ Sein Bürgermeisterbüro befinde sich direkt zwischen dem Feuerwehrhaus und der Nachbarin, deshalb könne er die Situation sehr gut beurteilen. „Störungen sind mir noch nie aufgefallen“, sagt Kopriva. „Üben ist wichtig für den Ernstfall. Dies lassen wir uns auch in Zukunft nicht verbieten“, betont der Rathauschef. Es sind rund 60 Aktive und zusätzlich 21 Jugendfeuerwehrler, die in der Aislinger Feuerwehr ihren Dienst am Nächsten wahrnehmen. „Auf unsere Feuerwehr bin ich als Bürgermeister sehr stolz“ sagt Kopriva.
Die Streitereien in Aislingen sind nicht nur in der Aschberggemeinde Thema. Auch andere Feuerwehrleute verfolgen das Geschehen. Kreisbrandrat Frank Schmidt sagt, dass dieser Fall für ihn ein absoluter Einzelfall sei. In seiner gesamten Laufbahn bei der Feuerwehr habe er noch nie erlebt, dass Nachbarn gegen einen Verein vor Gericht ziehen. „Natürlich kommt es mal vor, dass sich vereinzelt Nachbarn beispielsweise über die Lautstärke ärgern. Aber das wird kurz angesprochen, und gut ist.“ Die Feuerwehrmitglieder, so Schmidt, seien nun mal alle Ehrenamtliche, die für ihre Tätigkeit nicht entlohnt würden. Neue Mitglieder gewinne man deshalb nur über die gute Kameradschaft. „Es muss Spaß machen und auch mal lustig sein. Das gehört dazu.“
Dass die meisten Feuerwehren im Landkreis ihr Zuhause im Ortskern haben, sei normal. Früher musste das Gerätehaus schnell zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar sein – das gelte auch heute noch, erläutert Schmidt. „Außerdem ist es doch so, dass nicht nur die Feuerwehr in der Ortsmitte ist. Oft sind doch auch Schützenverein, Kindergarten oder Sportheim rund um den Marktplatz.“
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