Jeder Kilometer Radweg im Donau-Ries-Kreis ist eine Herkulesaufgabe
Der Ausbau der Fahrradwege im Landkreis Donau-Ries ist ein mehr als mühsames Unterfangen. Woran ein umfassender Umgriff hierzulande bislang scheitert.
Alexander Wolfinger ist um seinen Job nicht zu beneiden. Man muss nun nicht immer zwangsläufig den guten Sisyphos aus der griechischen Mythologie bemühen, der stets aufs Neue einen Stein einen Berg hinaufrollen muss, aber ähnlich mühevoll ist Wolfingers Aufgabe angesichts von deutscher Bürokratie und Kleinteiligkeit allemal. Als Radverkehrsbeauftragter im Kreis Donau-Ries soll Wolfinger für mehr Radwege sorgen. Angesichts der Lage im Land erscheint das als - hier lässt sich nun ein weiterer alter Grieche anführen - Herkulesaufgabe.
Oh, wie schön ist Dänemark! Das mag sich mancher passionierte Fahrradfahrer denken, wenn er die dortige Radweg-Infrastruktur einmal gesehen oder gar genutzt hat. An schier jeder Verbindungsstraße zwischen den Kommunen des nördlichen Nachbarn lässt es sich recht komfortabel ohne Unterbrechung auf eigens konstruierten Wegen radeln. Hierzulande ist die Lage bekanntermaßen ein wenig anders. Da spürt man den Luftzug der motorisierten Verkehrsteilnehmer ganz gerne mal am linken Oberschenkel. Jahrzehntelang stand vor allem das Auto im Blickpunkt, auch politisch und infrastrukturell. Seit einigen Jahren beteuern Parteien und Gruppen jeglicher Couleur, dass es nicht nur nette Plaketten zur Fahrradfreundlichkeit braucht, sondern auch konkrete Projekte. Doch jenes Unterfangen ist ein mühevolles, wie das Beispiel Donau-Ries eindrucksvoll zeigt.
Sieben neue Radwege im Kreis Donau-Ries wurden 2021 angekündigt
Im Jahr 2021 hatte Alexander Wolfinger als neuer Radbeauftragter sieben neue Radwege angekündigt. Die gute Nachricht: Davon konnte eine ganze Reihe gebaut werden. So sind die Radwege, beziehungsweise Lückenschlüsse bei Balgheim, Katzenstein und Sulzdorf fertiggestellt worden - aktuell wird hierzu die Schlussrechnung erstellt. Des Weiteren ist der Radweg bei Fremdingen - von Schopflohe nach Hausen - fertig gebaut worden, genau wie der Weg von Maihingen nach Dürrenzimmern.
Derweil zeigt sich am Beispiel der angedachten Radverbindung von Wemding nach Wolferstadt, worin eine der Hauptschwierigkeiten in puncto Ausbau der Infrastruktur liegt. Für den Bau der Strecke müssen Grundstücke gekauft werden; die liegen aber oftmals in privater Hand. Wolfinger erklärt gegenüber der Redaktion, dass der Landkreis jedoch nur nach den Bodenrichtwerten bezahlen darf, die teils deutlich unter den Erwartungen der Besitzer lägen. Und darin mache sich auch der Unterschied zur Lage in so manchem Nachbarland, wie etwa Dänemark oder den Niederlanden, fest: "Dort dürfen die Behörden höhere Preise zahlen. Ich würde mich strafbar machen, wenn ich das täte." Das Resultat: Entweder es kommt zu haarsträubenden Umfahrungsstrecken oder das jeweilige Projekt wird auf Eis gelegt oder verzögert sich mitunter merklich.
Bei Wemding muss ein Radwegeprojekt geteilt werden
Im Falle Wemdings wurde die Maßnahme wegen der problematischen Grundstücksverhandlungen in zwei Bauabschnitte geteilt. Vor etwa zwei Wochen konnte nun zumindest der Förderantrag zum ersten Abschnitt von Wolferstadt bis zur Doosquelle bei der Regierung von Schwaben eingereicht werden. Im kommenden Frühjahr soll mit dem Bau begonnen werden.
Eine ähnliche Problemstellung ist auch mitten im Ries zu finden. "Aufgrund der momentan schwierigen Bedingungen beim Grunderwerb haben wir uns entschlossen, den Radweg von Pfäfflingen und Deiningen zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff zu nehmen", erklärt Wolfinger. Stattdessen werde zunächst die Verbindung zwischen Deiningen und Grosselfingen umgesetzt. Hierzu wurde in der vorigen Woche der Planungsauftrag vergeben. Realisiert werden solle das Projekt noch 2024.
Neue Wege seit 2021 haben eine Länge von 15 Kilometern
Bei den gebauten Radwegstrecken seit 2021 handelt es sich laut Wolfinger um eine Gesamtstrecke von gut 15 Kilometern. Ein Bruchteil dessen, was nötig wäre um ein flächendeckendes Netz zu schaffen - und somit mehr Pendler zum Umstieg aufs Zweirad zu motivieren.
Zusätzlich zu den sieben genannten Radwegen ist vor Kurzem eine weitere Verbindung in die Planung aufgenommen worden: Zwischen Kaisheim und der Bernhardisiedlung wird ein neuer Weg entstehen. Doch auch im Rahmen dieses Projekts gibt es einen Wermutstropfen, wie Wolfinger erläutert: Die angespannte finanzielle Lage der Marktgemeinde Kaisheim wird die Weiterführung der Strecke nach Leitheim "um mehrere Jahre" verzögern.
Von Schwierigkeiten beim Wegebau kann derweil Mertingens Bürgermeister Veit Meggle ein Lied singen. Ein Radweg zwischen Mertingen und Heißesheim scheiterte zuletzt an Bestimmungen zum Vogel- und Naturschutz, weiterhin war auf der anvisierten Strecke ein Überschwemmungsgebiet ausgewiesen. Fahrradfreundlichkeit beißt sich in Deutschland öfter mal mit anderen Rechtsvorschriften.
Doch es tut sich auch was im Landkreis. Inzwischen ist eine Entwicklungsplanung zur Steigerung der Fahrradfreundlichkeit erstellt worden. Dazu gehört auch der Ausbau des Radverkehrskonzepts - Stückwerk soll zum Netzwerk werden, so der Plan. Dazu bedarf es weiterer Lückenschlüsse im Wegenetz. Und damit weiterer Anstrengungen à la Herkules. Den Sisyphos sollte man sich unterdessen nicht wünschen. Denn irgendwann sollte das Radwegenetz im Landkreis Donau-Ries ja auch mal fertig sein.
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