Neue Ausstellung in der Galerie am Berg zeigt Immendorff
Wolfram Grzabka stellt die Kalenderedition „Auf die kleine Reise gehen“ aus und erklärt, was Kunst und Kartoffeln gemeinsam haben.
Wolfram Grzabka widmet in seiner Galerie am Berg in Friedberg erneut eine Ausstellung einem der bedeutendsten zeitgenössischen, deutschen Künstler: Jörg Immendorff. Zu sehen ist die Kalenderedition „Auf die kleine Reise gehen“. Neben dem Titelblatt beschäftigt sich Immendorff in jedem Monat mit einem anderen Motiv. So umfasst die Kalenderedition 13 Blätter, die im Farboffset gedruckt sind. Jedes einzelne Blatt ist voll mit Metaphern, Begegnungen, Aktionen und Geschichten.
Wolfram Grzabka, dem man den Stolz auf diese Ausstellung ansieht, verrät: „Eigentlich wollte ich ab April eine ,Best of’-Ausstellung bei mir machen. Dann sah ich beim Kunstverein in Ulm diese Edition und musste sie einfach nach Friedberg holen.“ Zu Recht: „Zwei Frauen haben letzte Woche über eine Stunde bei den Bildern verbracht“, erzählt er.
Das Abenteuer der „Kleinen Reise“ beginnt im Januar mit einem Lastwagen, der sich mit den Kollegen des Künstlers auf die Reise macht. Immendorffs Reisebegleiter sind wichtige Weggefährten wie A. R. Penck, Georg Baselitz, Markus Lüpertz und sein Lehrer Joseph Beuys. Im Mai erscheint der Künstler selbst, wie er versucht, eine Weltkugel einen Berg hinaufzurollen. Vergleiche mit Sisyphus sind erwünscht. Im August erscheint der Künstler als Harlekin, und im Dezember schließlich nimmt Joseph Beuys, als Eisbär verkleidet, seinen Kopf ab.
Mit dieser Kalenderedition forderte Immendorff die Anerkennung der Kunst als gesellschaftliches Grundnahrungsmittel. „Die Kunst muss die Funktion der Kartoffel übernehmen“, insistierte er. Daher hält er im Zentrum des signierten Titelblatts Kartoffeln im Arm. „Das ist alles, was ihr von mir bekommt“, verrät eine wie hingeworfene Notiz am oberen Bildrand. Er scheint die Knollen und damit die Kunst in Stellung zu bringen gegen den immer noch wirkenden Geist der Nazischergen zu seinen Füßen.
Öffnungszeiten der Galerie am Berg in Friedberg
„Gerade jetzt ist diese Sichtweise aktueller denn je, denn das braune Geschwür ist wieder aufgebrochen“, sagt Grzabka traurig. „Heute könnten wir zehn Immendorffs brauchen.“ Wie für keinen anderen galt für Immendorff, sich gegen die nicht enden wollenden braunen Nachwehen der NS-Zeit zu wehren. Neben der erkennbaren politischen Motivation zeigen die Bilder jedoch auch Immendorffs Gedankenwelt, die immer vielschichtig und von seiner starken Persönlichkeit geprägt ist.
Und auch sein Alter Ego, der Affe, erscheint in Mehrzahl in diesem Aufgebot des Widerstands. Und so zeigt „Auf die kleine Reise gehen“ nicht nur den typisch epischen Charakter vieler Werke Immendorffs, sondern gibt auch Einblick in sein vertrautes Bildvokabular. „Jörg Immendorff reißt Grenzen ein“, fasst der Galeriebesitzer zusammen.
- Info Galerie am Berg, Friedberger Berg 7, bis 30. September. Um eine Terminvereinbarung unter 0821/6503880 wird gebeten.
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