19-Jähriger feuert Waffe ab und muss jetzt vor Gericht
Der Mann ist für die Justiz längst kein Unbekannter mehr. Sein künftiges Verhalten wird darüber entscheiden, ob er Deutschland in Richtung Türkei verlassen muss.
Der Günzburger Amtsgerichtsdirektor Walter Henle findet für Angeklagte meist sehr klare Worte. So auch für einen 19-jährigen Türken, der sich jetzt verantworten musste, weil er am Abend des 12. Juni dieses Jahres unter der Donaubrücke in Günzburg mehrere Schüsse aus einer Schreckschusswaffe abgegeben hat – die er gar nicht hätte besitzen dürfen, weil ihm der dafür nötige Waffenschein fehlt. Henle meinte, „wenn Sie so weitermachen, sehe ich Ihre Zukunft bei Herrn Erdogan“. Schließlich hat der junge Mann weder einen Schulabschluss noch eine Arbeit und ist bereits wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Auch musste er bereits in den Arrest.
Als er meinte, er bewerbe sich ja, doch niemand wolle ihn, wies ihn der Richter darauf hin, dass es eben nicht reiche, gerade einmal vier oder fünf Bewerbungen zu schreiben. „Sie müssen sich die Hacken ablaufen. In Bayern gibt es 28000 offene Lehrstellen. Ich würde Sie aber auch nicht nehmen.“ Im Leben bezahle man für das, was man macht. Wenn er sein Sohn wäre, würde er ihm jedenfalls keinen Cent als Unterstützung geben. „Ich hätte Sie schon in die Türkei geschickt.“ Denn zuletzt hatte er erst im Mai 2015 vor Gericht gestanden, ein Jahr später wurde er wieder auffällig. „Was hat das also bei Ihnen bewirkt?“ Als er ihm vorhielt, er könne nicht einmal rechnen, weil er von mehreren Monaten Zwischenzeit statt einem Monat gesprochen hatte, musste sich der Richter selbst korrigieren: Er hatte angenommen, die Tat sei im Juni vergangenen Jahres geschehen.
Warum aber hatte der 19-Jährige überhaupt eine Schreckschusswaffe, und warum schoss er damit? Zum einen, um sich zu wehren, beispielsweise gegen Einbrecher, erklärte er. Zum anderen habe sein kleiner Bruder sein Beschneidungsfest gehabt und dabei sei es nun einmal Brauch, in die Luft zu schießen. Daraufhin riet Henle ihm, dann doch lieber in der Türkei zu feiern. An dem Abend im Juni seien es bei einem Treffen mit Freunden Freudenschüsse über einen Sieg der Türkei bei einem Spiel der Fußballeuropameisterschaft gewesen, erzählte der Mann weiter. „Ich wusste nicht, dass ich mich damit strafbar mache.“ Der Richter fragte ihn, was er denn eigentlich im Kopf habe.
Der Mann kann nicht garantieren, nicht wieder auffällig zu werden
Der Vertreter der Jugendgerichtshilfe schlug vor, den Angeklagten ein längeres Antiaggressionstraining machen zu lassen, woraufhin der 19-Jährige meinte, er könne nicht dafür garantieren, nicht wieder auffällig zu werden. Er wolle sich aber bessern und eine Arbeit finden. Die Staatsanwältin beantragte eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht: 100 Stunden gemeinnützige Arbeit, vier Wochen Arrest und ein Antiaggressionstraining sollten verhängt werden.
Nach der Beratung mit den beiden Schöffen urteilte Henle, dass der Mann verwarnt wird, 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und ein Antiaggressionstraining machen muss. Er habe erhebliche Reifeverzögerungen und sei frech, was sich auch daran zeige, dass er dem Richter mehrfach ins Worten gefallen ist. Auch sehe er bei dem Angeklagten keine Reue. „Beim nächsten Mal gibt es eine Jugendstrafe, und dann werden Sie sicherlich eingesperrt“, warnte er ihn. Je nach Länge der Strafe wird es dann auch darum gehen, ob er die Bundesrepublik in Richtung Türkei auf Dauer verlassen muss. „Sie haben keine Erziehung erfahren und sind nicht sonderlich intelligent“, sagte Henle. Wenn er die gemeinnützige Arbeit nicht ordentlich mache und sich nicht arbeitssuchend melde, werde er die Konsequenzen zu spüren bekommen, etwa in Form des Ungehorsamkeitsarrests.
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