Mit Ruhe und Gelassenheit auf der Autobahn ans Ziel
Bis 2020 will das Ministerium die Zahl der Unfälle und Verkehrstoten deutlich senken. Der Chef der Günzburger Autobahnpolizei sagt, dass ein bisschen mehr Vernunft da schon helfen würde.
Drängeln, dicht auffahren, rechts überholen, den Vogel zeigen: 115 Anzeigen wegen solcher „Aggressionsdelikte“, wie sie im Polizeijargon heißen, hat die Günzburger Autobahnpolizei im vergangenen Jahr aufgenommen. Ihr Chef, Werner Schedel, weiß: Raserei, Nötigung und Beleidigung fahren bei vielen Pendlern und Reisenden mit. „Vieles, was da jeden Tag passiert, ist alles andere als vernünftig“, sagt er. Deshalb beteiligt sich die Autobahnpolizei an der Aktion des bayerischen Innenministeriums, die „Vernunft kommt an!“ heißt.
„Wir wollen an Ruhe und Gelassenheit appellieren“, sagt Schedel. Denn dafür, dass man im Stau nun eine Autolänge weiter vorn steht oder sich durch aggressives Fahren eine Minute bei der Reise spart, sei das Risiko einfach zu hoch. Das Ministerium hat in seinem Verkehrssicherheitsprogramm „ehrgeizige“ Ziele formuliert, sagt Schedel: Bis 2020 sollen die Verkehrstoten um 30 Prozent gesenkt und die Unfallzahlen reduziert werden – und das bei steigender Verkehrsbelastung.
An der Leipheimer Raststätte hat die Polizei nun gemeinsam mit Autobahnmeisterei, der Betreibergesellschaft Pansuevia und der Verkehrswacht für mehr Vernunft, Ruhe und Gelassenheit auf den Straßen geworben. Doch Schedel weiß: Nur mit guten Worten kommt man auch nicht weiter. „Wichtig ist eine direkte Bestrafung“, sagt er. „So wie bei kleinen Kindern.“
Auch wenn bei vielen Fahrern der Ärger zum Beispiel über gefährliche Drängler schnell verflogen ist, sagt Schedel: „In krassen Fällen sollte man den Rat der Polizei suchen.“ Die könne dann den Rowdy stoppen. „Wenn wir ihn nach fünf Kilometern anhalten, dann hat das einen viel größeren erzieherischen Wert, als wenn nach vier Wochen ein Anhörungsbogen per Post kommt.“ Das Gleiche gelte auch für Raser. Deshalb ist die Günzburger Autobahnpolizei auch regelmäßig mit ihrem Zivilfahrzeug unterwegs, das Verkehrssünder mit der Kamera aufzeichnet. „Manche werden schon nachdenklich, wenn man ihnen die Aufzeichnungen zeigt“, sagt der Polizist.
Eine solche Bewusstseinsänderung ist natürlich der Idealfall. Doch es geht eben auch nur mit einer konsequenten Verkehrsüberwachung und Präsenz auf der Autobahn, sagt Schedel. „Und zwar überall, auch im Baustellenbereich, und auch nachts.“ Doch das ist nicht die einzige Aufgabe, betont er: Wichtig sei auch die ständige Beobachtung der Strecke zusammen mit Partnern wie Rettungsdienst, Autobahnbetreiber und -meisterei. Er bezeichnet das als „präventives Denken“, also: Was könnte demnächst ein Gefahrpunkt werden? Das sei zum Beispiel bei der Legoland-Eröffnung wichtig gewesen. Am Autobahnkreuz Ulm-Elchingen habe es lange Zeit eine gefährliche Stelle gegeben: Auf einer Abfahrtspur gab es bei nasser Fahrbahn immer wieder Probleme. „Durch einen neuen Fahrbahnbelag und eine Temporeduzierung haben wir dort jetzt gute Erfolge“, sagt Schedel.
Die Günzburger Autobahnpolizei ist für 150 Kilometer auf der A7, A8, B28 und B30 zuständig. Auf diesen Strecken gibt es etwa 800 Unfälle im Jahr. Die Zahl sei seit mehreren Jahren stabil, sagt Schedel. Entspannung erhofft sich der Polizeichef durch den dreispurigen Ausbau der A8. Dann gibt es keine engen Stellen mehr und es ist Platz für die Rettungsgasse. „Auf den Strecken ohne Seitenstreifen reicht ein kleiner Unfall, dann steht alles.“ Und jeder Stau bringe ja eine neue Gefahr. Schedel betont: Natürlich gebe es Unfälle, die können jedem passieren. Aber manche ließen sich auch vermeiden: „Da fehlt einfach der gesunde Menschenverstand.“
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