Das Interesse an Bestattungswäldern in der Region ist groß
Vor einem Jahr wurden die Naturfriedhöfe Schwaben in Babenhausen und Markt Wald eröffnet. Wie nehmen die Menschen das Angebot in den Fugger'schen Wäldern an?
Die letzte Ruhe inmitten eines Waldes finden – das ist seit gut einem Jahr im Unterallgäu möglich. Das Haus Fugger hat in zwei Wäldern sogenannte Naturfriedhöfe eröffnet, einen bei Babenhausen, einen bei Markt Wald. Es seien die Ersten ihrer Art in Mittelschwaben, hieß es zum Start. Wie wird diese Alternative zum klassischen Friedhof, die nicht nur ortsansässigen Menschen offensteht, angenommen? Die Erwartungen wurden übertroffen.
Im Wald am Kreuzlesberg nahe Babenhausen haben bislang knapp 100 Urnenbestattungen stattgefunden. Das sind mehr als die 80 Bestattungen im Jahr, mit denen Leopold Graf Fugger-Babenhausen vor der Eröffnung gerechnet hatte. Auf dem Gelände nördlich des Markt Walder Ortsteils Schnerzhofen zählt man inzwischen sogar über 170 Beisetzungen.
In Babenhausen und Markt Wald wurden schon Hunderte Grabstellen gewählt
Sara Eisenbarth, Regionalleiterin der Naturfriedhöfe Schwaben für das Haus Fugger, nennt weitere aufschlussreiche Zahlen: In Babenhausen haben insgesamt schon etwa 150, in Markt Wald gut 300 Personen Grabstellen am Fuße von Bäumen ausgewählt. "Wir machen die Erfahrung, dass sich die Menschen frühzeitig Gedanken machen und noch zu Lebzeiten Vorsorge betreiben", sagt sie. Ein Grund sei, dass die Menschen ihre Nachkommen entlasten wollen. Ein weiterer Grund ist emotionaler Natur: Manche reservieren sich einen Baum neben bereits beigesetzten Angehörigen oder wünschen sich einen "Familienbaum", unter dem mehrere Urnen Platz finden. "Wenn jemand kommt, der weiß, dass seine Lebenszeit begrenzt ist, wegen einer Krankheit oder dem Alter, dann ist das beeindruckend. Es hat aber auch etwas Erdendes, Tröstendes, finde ich", sagt Eisenbarth. "Es ist etwas Schönes, wenn man den Tod ins Leben lässt. Es macht den Tod weniger schrecklich."
So individuell wie das Leben selbst ist, so individuell ist sein Ende. "Bei 100 Bestattungen ist keine wie die andere", sagt Eisenbarth. Im Bestattungsritual seien die Leute frei, sofern es pietätvoll ist. Mal begleiten geistliche Vertretungen verschiedener Kirchen den letzten Weg der Verstorbenen, mal gestalten Trauerredner oder die Angehörigen selbst eine Abschiedszeremonie. "Es waren auch schon mal mittelalterlich gewandete Menschen oder ein Schamane da", erzählt Eisenbarth.
Den Personenkreis, der sich für das Angebot interessiert, beschreibt sie so: Es seien Menschen mit einem Bezug zur Natur und deren Ruhe und solche, die gerne auf eine Grabpflege verzichten würden. Das Einzugsgebiet sieht sie in einem Radius von rund 25 Kilometern. Das sei ein Hinweis darauf, dass Hinterbliebene ihre Liebsten gerne ortsnah bestatten lassen.
Das Babenhauser Rathaus hat eine Auswertung zur Herkunft der Menschen erstellt, die zwischen Juli 2022 und August 2023 im Wald am Kreuzlesberg bestattet wurden: Ein Viertel kam aus der Verwaltungsgemeinschaft, der Rest von außerhalb. Von diesem Viertel wiederum stammte etwa die Hälfte aus Babenhausen und die andere Hälfte aus anderen VG-Gemeinden – also beinahe analog zu den Einwohnerzahlen.
Der Wald steht auch für die Freizeitgestaltung zur Verfügung
Eisenbarth sagt: "Wir sind erstaunt, dass wir immer wieder von Menschen in nächster Umgebung erfahren, die unsere Naturfriedhöfe noch nicht kennen oder noch nicht von ihnen gehört haben." Auch deshalb finden mehrmals im Monat Führungen durch die Wälder statt, bei denen sich Interessierte informieren können. Es werde zum Beispiel erklärt, was die schlichten, farbigen Plaketten an den Bäumen bedeuten, was die verschiedenen Grabstellen kosten und zwischen welchen Laufzeiten man wählen kann. Laut Eisenbarth nehmen an den Führungen stets zwischen fünf und 20 Personen teil. "Bei ganz schlechtem Wetter kommt vielleicht mal niemand, aber eigentlich ist die Ansprechpartnerin selten allein", sagt Eisenbarth über die Mitarbeiterin in Babenhausen. Sie treffe auf Hinterbliebene, die an den Baumgräbern trauern, aber auch auf Spaziergänger, Gassi-Gänger oder Jogger, denen das Waldstück nach wie vor zur Verfügung steht. Dieser Punkt war der Gemeinde wichtig. "Natürlich darf da auch Leben stattfinden", sagt Eisenbarth dazu. Nur Reiter müssten sich eine andere Route suchen.
Ein achtsamer Umgang mit dem jeweiligen Gelände ist dem Haus Fugger ein Anliegen – zum Beispiel, dass kein Müll auf dem Boden landet. Ob es negative Erfahrungen im ersten Betriebsjahr gab? "In Babenhausen wurde leider eine Bank direkt vom Parkplatz gestohlen. Eine Anzeige gegen Unbekannt hat ins Leere geführt", berichtet Eisenbarth. Ein weiteres unvorhergesehenes Ereignis, wenn auch ganz anderer Art, war ein Sturm im Sommer, der an einigen Bäumen Schäden hinterlassen hat. Sie wurden ohne größere Probleme beseitigt.
Es hatte auch kritische Stimmen zu den Waldbestattungen gegeben
Wie berichtet, blieben im Vorfeld auch kritische Stimmen zu den Naturfriedhöfen Schwaben nicht aus. So meldete sich im Zuge der Planung in Babenhausen der Landesverband der Bayerischen Steinmetze zu Wort, in Markt Wald der "Verband der Gedenkkultur". Auch das Bistum Augsburg äußerte sich zum Vorhaben. Die Bedenken gingen in dieselbe Richtung: Ein Naturfriedhof könnte in Konkurrenz zu den klassischen Friedhöfen in den Orten treten und der Stellenwert der christlichen Begräbnistradition sinken. Das Haus Fugger stimmte sich mit dem Bistum ab. Ein Wunsch lautete, dass die Verstorbenen nicht anonym bestattet werden.
Die Diskussion ist geschlossen.