Mit Benno Schachtner eintauchen in die Klänge des Barock
Künstler Benno Schachtner, Vokalensemble und Festspielorchester erfreuen anlässlich des 1050. Jubiläums der Stadt Dietenheim mit besonderer historischer Musik.
Die Stadt Dietenheim feiert ihr 1050. Jubiläum und einer „ihrer Söhne“ beschenkt sie dazu mit großartiger Musik – ebenfalls aus vergangenen Tagen – in der St.-Martinus-Pfarrkirche. Doch das Konzert letzten Sonntag war ganz besonders: Benno Schachtner, bekannt als Countertenor und Künstlerischer Leiter der Diademus-Aufführungen in Roggenburg, sein Vokalensemble und das Händelfestspielorchester aus Halle haben für ihren Auftritt den ganzen Chorraum in Beschlag genommen. So war „The Messiah. Best of Baroque Oratorium“ Augenweide und Hörerlebnis gleichermaßen, 500 Zuschauerinnen und Zuschauer fanden es überwältigend.
Benno Schachtner liefert "Best of Baroque"
Denn es kamen zwei Cembali, eine Truhenorgel, lange Barocktrompeten, klappenlose Oboen sowie auffallend spitze Bögen für die Barockgeigen zum Einsatz. Und die Klänge der gern gehörten Bach-Choräle oder Oratorienauszüge von Händel hörten sich anders, feinsinniger an, allein schon durch den silbernen Nachhall der angerissenen Cembalosaiten. Dazu dann die herausragenden Stimmen der Diademus-Vokalisten, die als Solisten wie auch als homogener Klangkörper im Ensemble-Gesang brillierten. Zusammen mit dem Barockorchester aus Halle war das von Benno Schachtner 2016 im Rahmen des Diademus Festivals gegründete Ensemble bereits in Roggenburg zu erleben.
Für sein „Best of Baroque Oratorium“ hat Schachtner thematisch sich ergänzende geistliche und weltliche Stücke in einer spannenden Dramaturgie zusammengefügt und daraus eine Art Dreiakter geschaffen: Überschrieben mit Advent/Weihnachten, Passion, Auferstehung/Himmelfahrt, einem dreiteiligen Prolog mit Ouvertüre und Hymne am Anfang sowie einem dreiteiligen Epilog mit finalem „Halleluja“ am Ende, ist daraus ein neues Werk entstanden. Schachtner hat es „The Messiah“ genannt, in Reminiszenz an das bedeutende, von Händel in England komponierte Oratorium.
Er eröffnete den Prolog selbst mit seinem strahlend warmen Tenor. Begleitet von Solotrompete und langsamen Streichern trug er die Ode für Queen Anne von Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759) vor. Darauf folgte aus dessen Oper „Giulio Cesare“ die Ouvertüre, und Schachtner wechselte in die Rolle des souveränen Barockdirigenten. Mit und ohne Griff in die Cembalotasten, jedoch stets ausdrucksstark, brachte er das musikalische Geschehen voran. Mit Henry Purcells (1659 bis 1695) Hymne „Rejoice in the Lord Always” setzten auch alle neun Diademus-Vokalisten klangvoll ein, das Oratorien-Konzert war eröffnet.
Ein Konzert mit mehreren Höhepunkten
Die Szene um die Geburt des Messias thematisierten Choräle und Kantaten wie „Seele lerne dich erkennen“ mit Marie Heeschen von Georg Friedrich Telemann (1681 bis 1767). Nicht fehlen durften da Anklänge aus Arcangelo Corellis (1653 bis 1713) Weihnachtskonzert Concerto grosso op. 6 Nr. 8, einem Glanzstück für das Barockorchester. Im zweiten Teil, der Leidensgeschichte, überraschte unter anderem der Countertenor David Erler bei „If yet his sin be not too great“ aus dem Händel-Oratorium „Saul“ mit seiner, der weiblichen Stimme ähnelnden Gesangskunst. Das Duett „Es donnert“ aus Telemanns Oratorium „Donnerode“, mit kräftigem Bass von Tobias Berndt und Lisandro Abadie, durchdringenden Paukenschlägen und schrillen Oboentönen, von den Violinen echoartig aufgegriffen, kündigte einen ersten Höhepunkt im Konzertverlauf an. Wurde dabei vom zerrissenen Tempelvorhang und Beben der Erde gesungen, standen im hellen Kontrast dazu die Inhalte des darauffolgenden Bachchorals über die durch den Kreuzestod befreite Menschheit. Fast schon geläutert erklang der mehrstimmige Gesang des Diademus-Ensembles, strahlte Ruhe und Frieden aus.
Der dritte und letzte Akt zur Wiederkehr des Messias vermittelte pure Freude, aufsteigende Klänge und jubelnde Stimmen. Als Erstes mit Catalina Bertucci im lebhaften Sopran und wunderbar in italienischer Sprache die Arie „Disseratevi, o porte Averno“ aus dem Händel-Oratorium „La Resurezzione“. Sehr schön auch von Jennifer Gleinig mit abwechslungsreicher Altstimme vorgetragen das „Ich sehe schon“ aus der Telemann-Kantate „Erquicktes Herz sei voller Freuden“. Mit Carl Heinrich Graun oder Dieterich Buxtehude gab es Stücke weiterer Barockkomponisten zu hören. Beim Epilog brillierten nochmals Catalina Bertucci und Tobias Hunger im Duett zu Händels „Happy We“ aus dem Oratorium „Saul“. Und mit dessen „Halleluja“ im allseitigen Tutti klang „The Messiah“ in der Version von Benno Schachtner aus. Zwei Zugaben machten das Konzerterlebnis perfekt.
Als Preisträgerkonzert für das Diademus-Ensemble war „The Messiah“ im Vorjahr uraufgeführt worden. Nun erhielt auch das Publikum in Dietenheim Gelegenheit, in eine Musik einzutauchen, wie sie in der Barockzeit erklungen sein könnte. Benno Schachtner nennt dafür den wissenschaftlichen Begriff der „historisch informierten Aufführungspraxis“.
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