„Weltoffenes Illertissen“ erinnert an Persönlichkeiten des Nazi-Widerstands aus der Region
Der Zweite Weltkrieg endete am 8. Mai vor 79 Jahren. Aus diesem Anlass hat das Bündnis vor dem Kriegerdenkmal am Martinsplatz eine Kundgebung veranstaltet.
In Illertissen wurde des am 8. Mai 1945 zu Ende gegangenen Zweiten Weltkriegs gedacht. Das Bündnis für ein weltoffenes, tolerantes und buntes Illertissen hatte einen Lichterzug mit Kundgebung organisiert. Der Auftakt fand im Pfarrsaal von St. Martin beim Film „Als die Nazis an die Macht kamen“ statt. Schon dort herrschte stumme Betroffenheit unter rund 80 Anwesenden. Erst ganz zum Schluss der Aktion gab es Beifall für die Vortragenden und ihre Art der Aufarbeitung samt Warnsignalen in der Gegenwart.
Der Dokumentarfilm mit Originaltitel „Ma Vie Dans L’Allemagne D’Hitler“ von 2017 (Jérôme Prieur) vermochte zu entsetzen. Er basiert auf einer 1939 gestarteten Umfrage der Harvard University unter deutschen Emigranten. Als Zeitzeugen unterschiedlicher politischer Überzeugungen und religiöser Konfessionen berichteten sie von ihrem Leben, nachdem Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde und die Gleichschaltung der deutschen Gesellschaft erfolgte.
Lichterzug in Illertissen zum Andenken an das Kriegsende
Nach der Filmvorführung zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Taschenlampen oder Handylichtern am erleuchteten Friedensbrunnen vorbei um den Martinsplatz bis zum Kriegerdenkmal. Es wurde wenig gesprochen, zu sehr beschäftigten die zuvor erhaltenen Eindrücke. Am Mahnmal für die Gefallenen beider Weltkriege angekommen, meldeten sich drei des rund zehn Personen zählenden Bündnisses zu Wort, um Persönlichkeiten des Widerstands aus dem Illertisser Umkreis vorzustellen.
Zunächst aber verwies Pfarrer Andreas Specker auf die gefallenen Illertisser Soldaten, die auf der Gedenkstätte vermerkt sind. Dann zitierte Zweite Bürgermeisterin Helga Sonntag Sophie Scholl (1921 bis 1943), bekannt durch die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“. Sophie sei ein lebenslustiges, intelligentes Mädchen aus Ulm gewesen. Anfangs bei der Hitlerjugend engagiert, was auf Unverständnis ihrer Eltern stieß, habe sie bald die Unmenschlichkeit des Nazi-Regimes erkannt. Als Studentin in München schloss sie sich den Aktionen ihres Bruders Hans an. Beim Flugblätterverteilen wurde sie am 18. Februar 1943 verhaftet und vier Tage später hingerichtet. In Illertissen erinnert die Geschwister-Scholl-Straße an sie.
Rita Schmitt berichtete über Georg Elser (1903 bis 1945) aus Hermaringen bei Heidenheim. Er stammte aus einfachen Verhältnissen, lernte das Schreinerhandwerk. Früh habe er erkannt, dass Hitler auf einen Krieg zusteuere. Um Schlimmeres zu verhindern, bereitete er mutig im Bürgerbräukeller in München ein Attentat vor. Am 8. November 1939 sollte die Bombe explodieren, doch Hitler verließ vorzeitig den Saal. Elser kam ins KZ Sachsenhausen. Er wurde für einen englischen Spion gehalten und am 9. April 1945 im KZ Dachau ermordet.
Schließlich Fritz Gerlich (1883 bis 1934), der aus Stettin zum Studium nach München kam. 1920 heiratete er Sophie Botzenhart, geborene Stemfle, aus Babenhausen, deren Schwester Harriet Weitman, eine Pianistin, in Illertissen wohnte. Rüdiger Stahl stellte ihn als Journalisten vor, der Hitlers wahre Gesinnung bereits 1923 im Interview kennenlernte. Ab 1930 gab Gerlich die Zeitung „Der gerade Weg“ heraus, in der er vehement gegen Hitler schrieb. Nach der Machtergreifung 1933 war er einer der ersten, der von der SA schwer misshandelt und am 1. Juli 1934 in Dachau ermordet wurde.
Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.
Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.
Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.