„Die Marktsituation ist schwierig, aber wir stehen sie durch.“ Peter Steinhart, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Wachswarenfabrik, redet nicht lange um den heißen Brei herum: „Unser Familienunternehmen gibt zum 1. Februar nächsten Jahres in Krumbach die gesamte Kerzenproduktion auf und verlagert sie teilweise in das polnische Zweigwerk in Piotrkow nahe Lodz.“
Die Beschäftigten haben die Kündigung bereits erhalten
Dadurch fallen vor Ort 25 Arbeitsplätze weg. Die Beschäftigten dieser Stellen haben inzwischen den „blauen Brief“ erhalten. Die übrigen 75 Mitarbeiter für Verwaltung, Vertrieb, Entwicklung, Logistik, Lagerung und Fertigungssteuerung bleiben dagegen in Krumbach erhalten. Für den Firmenchef ist es auf Dauer wirtschaftlich nicht sinnvoll, an beiden Standorten die Kerzenproduktion fortzusetzen.
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Schon seit geraumer Zeit seien die vorhandenen Maschinenanlagen in der Buchstraße nicht ausgelastet, was sich auch in der Reduzierung der Arbeitszeiten vom Dreischichtbetrieb auf eineinhalb Schichten zeige. Als Ursachen nennt Peter Steinhart die Marktsituation, die gekennzeichnet sei von einem enormen Wettbewerbsdruck, der Marktmacht der wichtigsten Kunden und der Änderung im Produktsortiment.

Hinzu komme die insgesamt verringerte Nachfrage an Kerzen. Ein Beispiel: Die bisher beliebten Spitzkerzen sind kaum noch gefragt und werden durch Teelichter ersetzt. Ein ähnliches Bild zeige sich bei den im Pressverfahren hergestellten Stumpenkerzen. An ihrer Stelle würden heute gegossene rustikalere Kerzen gekauft, was eine erhebliche Änderung in der Produktstruktur zur Folge habe. Und noch eines kommt hinzu: In kaum einer Wohnung werden noch Zierkerzen mit kunstvollen Ummantelungen oder Verzierungen angezündet.
Markt durch Billigimporte aus Osteuropa und Südostasien erschwert
Geändert hat sich der Markt im Kerzenbereich durch den Import billigerer Ware aus Osteuropa und Südostasien, was in letzter Zeit bei deutschen Mitbewerbern zu erheblichen Problemen und sogar Schließungen geführt habe. Als weiteren Grund für die erzwungene Schwächung der Auslastung nennt der Firmenchef die Marktmacht der Hauptkunden, also Lebensmittel-, Drogerie- und Baumärkte im gesamten mitteleuropäischen Bereich. Hier könne das Unternehmen sogar von Glück sprechen. Steinhart: „Wir beliefern praktisch alle nennenswerten Discounter und Filialisten, wenn auch nicht mit unserem gesamten Sortiment. Aber wir sind überall drin.“
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Für die heimische Firma kommt im nächsten Jahr noch ein spezielles Krumbacher Problem hinzu: Die Zufahrt zum Firmengelände über die Buchstraße braucht ab der Babenhauser Straße nach Westen über das Bahngleis hinweg einen neuen Abwasserkanal, was einen völlig neuen Schienenübergang notwendig macht. Für Steinhart heißt dies: „Im nächsten Jahr kommt es zu beträchtlichen Behinderungen bei der Anlieferung von Rohstoffen. Schon jetzt können deshalb strategisch wichtige Aufträge aus wirtschaftlichen Gründen nicht am Standort Krumbach abgewickelt und müssen ins Zweigwerk Polen verlegt werden.“
Obwohl die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung gut sei, besitze er bis heute noch keine Planungssicherheit, wann mit der Baumaßnahme begonnen und wann sie beendet sein werde.
Jede einzelne Kündigung mit dem Betriebsrat besprochen
Die inzwischen eingeleitete Umstrukturierung des Krumbacher Stammsitzes ist für Peter Steinhart eine „unumkehrbare Entscheidung“, um das seit 1924 bestehende Krumbacher Traditionsunternehmen in eine gesunde Zukunft zu führen. Sein Einsatz in den letzten Monaten sei „hart aber nicht umsonst“ gewesen. Jede einzelne Kündigung habe er mit dem Betriebsrat besprochen und mit dem Betroffenen versucht, sie „vernünftig über die Bühne zu bringen“.
Fest stehe, dass bis Ende Januar Kerzen produziert werden und verschiedene Mitarbeiter bis Mai beschäftigt sind, um die Umstrukturierung abzuwickeln. Erhalten bleiben ebenso die beiden Außenlager in Niederraunau und Pfaffenhausen, in denen sich personell nichts ändern werde. Gleiches gilt für die Herstellung technischer Wachse und von Skiwachsen in Krumbach, die knapp zehn Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaften. Ebenso gibt es weiter den Fabrikverkauf und auch die beiden jährlich zweimal stattfindenden Sonderverkäufe. Das Fazit von Peter Steinhart: „Mit diesem Gesundschrumpfen stellen wir uns neu auf und sichern die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens für die nächste Generation.“