Letzte Weinprobe
Krumbach Beinahe wie das Öffnen einer Schatztruhe: Vielleicht könnte man das Gefühl so umschreiben, als der Korken langsam aus der Flasche gezogen wird. Er ist ein wenig undefinierbar rot-grün verfärbt, aber noch in einem ganz guten Zustand für sein Alter. Weinprobe mit Josefswein der Krumbacher Weinkellerei Einsle. Die gibt es schon seit Anfang der 80er Jahre nicht mehr. Blick auf die Flasche mit dem roten Etikett, vergebliche Suche nach einer Jahreszahl. Das Alter dieses Weins kann allenfalls geschätzt werden. Aber es könnten rund 30 Jahre sein. Nun diese Weinprobe. Es ist gewissermaßen eine letzte Einsle-Weinprobe. 1982 hatte die Weinkellerei ihren Betrieb eingestellt, das Gebäude am Marktplatz wich der neuen Sparkasse. 1999 erlosch offiziell der Firmenname. Und bald könnten eventuell die letzten Relikte der Firma verschwinden: Die zwei verlassenen Hallen in der Nassauer Straße, wo einst Coca-Cola abgefüllt wurde, der schlanke Kamin, ummantelt von roter Coca-Cola-Werbung. Der Kamin ragt bis heute wie ein überdimensionaler Finger in den Himmel. In einer bemerkenswerten Laune der Natur wuchs oben auf dem Kamin ein kleines Bäumchen.
Jetzt aber zeichnet sich eine neue Perspektive klar ab. Das seit Langem ungenutzte Gelände der ehemaligen Firma Einsle in der Nassauer Straße soll ein Wohngebiet werden. Häuser in reizvoller Lage an der Kammel, inzwischen durch einen Erdwall hochwassergeschützt: Kein Zweifel: Das wäre städtebaulich ein großer Gewinn für Krumbach. Und damit dürften die letzten Überbleibsel einer Firma, die die Krumbacher Stadtgeschichte über 150 Jahre geprägt hat, gewissermaßen Geschichte werden.
Gedanken an den alten Werbespruch "Der muss es sein - aus Südtirol St. Josefswein". Der Krumbacher Hans Bosch hat in seinem Keller noch zwei Flaschen Josefswein aufbewahrt. Eine wird nun geöffnet zu einer nicht alltäglichen Weinprobe. Der Wein läuft in die Karaffe, fast wie der Blick auf eine Sanduhr. Sattes Rot. Der Wein sieht noch gut aus. Und doch: mulmiges Gefühl vor dem ersten Schluck. Als man sich zu diesem schließlich überwunden hat, hinterlässt der Wein auf der Zunge einen etwas korkigen Geschmack, durchaus aber auch etwas likörig, irgendwie gar nicht schlecht.
Dieser Artikel ist hier noch nicht zu Ende, sondern unseren Abonnenten vorbehalten. Ihre Browser-Einstellungen verhindern leider, dass wir an dieser Stelle einen Hinweis auf unser Abo-Angebot ausspielen. Wenn Sie weiterlesen wollen, können Sie hier unser PLUS+ Angebot testen. Wenn Sie bereits PLUS+ Abonnent sind, .
Dieser Artikel ist hier noch nicht zu Ende, sondern unseren Abonnenten vorbehalten. Ihre Browser-Einstellungen verhindern leider, dass wir an dieser Stelle einen Hinweis auf unser Abo-Angebot ausspielen. Wenn Sie weiterlesen wollen, können Sie hier unser PLUS+ Angebot testen.
Die Diskussion ist geschlossen.