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03.05.2018

Hitlers Helfer sind noch unter uns

Literatur Éric Vuillard hat mit seinem preisgekrönten Roman „Die Tagesordnung“ ein beunruhigendes Buch geschrieben

Der 20. Februar 1933, Berlin, das Reichstagspräsidentenpalais: Der „Klerus“ der deutschen Großindustrie, Männer mit „Flusskrebsaugen“, hat einen Termin bei Göring und Kanzler Adolf Hitler, die um Spenden für den entscheidenden Wahlkampf ersuchen, nach dem die Demokratie beerdigt werden soll. „24 Echsen richten sich auf ihren Hinterfüßen auf, kerzengerade“, lesen wir. Und „Reglos verharren sie dort, wie vierundzwanzig Rechenmaschinen an den Toren zur Hölle.“

So schreibt Éric Vuillard in den Auftaktkapiteln seines Romans „Die Tagesordnung“ (Originaltitel: „L’Ordre du Jour“) über diese Schlüsselszene, in der ein Pakt zwischen den Nazis und der Wirtschaft geschlossen wird, dem der Autor „Ewigkeitsgehalt“ zuschreibt. Er nennt die Namen der Firmen, die hinter den 24 stehen – und spannt den Bogen in unser Heute. BASF, Bayer, Agfa, Opel, Allianz, Siemens… „Sie sind hier, unter uns und zwischen uns. Sie sind unsere Autos, unsere Waschmaschinen, unsere Reinigungsmittel, unsere Radiowecker…“

Das ist die Kunst des 50-jährigen Vuillard: Er gibt den geschichtlichen Ereignissen einen großen, anderen Resonanzraum. Er montiert aus Momenten der Historie mit den Mitteln der Literatur eine Geschichte, die, befreit aus den Aktendeckeln, uns anspringt wie ein wildes Tier, das wir für gezähmt hielten. Auf nur 118 Seiten gelingt es Vuillard, der 2017 für „Die Tagesordnung“ den wichtigsten Literaturpreis Frankreichs, den Prix Goncourt erhielt, mit dem scheinbar Bekannten zu erschüttern. Die Vergangenheit ist nicht tot, sie ist nicht einmal vergangen. Am Ende des Buches kehrt Éric Vuillard noch einmal zu den 24 Industriekapitänen zurück. „Wir sollten nicht glauben, dass all das einer fernen Vergangenheit angehört. Es sind keine vorsintflutlichen Monster … Ihre Namen gibt es noch immer, ihre Vermögen sind unermesslich.“

Nach einem Zeitsprung von 1933 nach 1938 steht der sogenannte Anschluss Österreichs im Zentrum des Buches, das die vermeintliche „Appeasement“-Politik Englands und Frankreiches als dünkelhafte, fatale Gleichgültigkeit entlarvt. Vuillard schreibt in einer eigenartigen Mischung aus Kommentar, Reportage, Reflexion, Interpretation und expressiver Detailfreude. Der Autor, dem der Verlag im Klappentext zugesteht, er habe mit seiner Art, Momente der Geschichte neu zu erzählen, „ein eigenes Genre begründet“, wechselt immer wieder Tempo und Perspektive, Nähe und Distanz. Sein Buch ist ein Haus mit vielen Eingängen, Ausgängen, Räumen, versteckten Fenstern. Er moderiert sein Material und streut Sätze ein wie „Jedes Leben ist elend und einsam; alle Wege sind traurig.“

Anhand einer nur beschnitten bekannten Fotografie des österreichischen Kanzlers Schuschnigg, der Hitler nicht gewachsen ist, philosophiert Vuillard über die enorme Bedeutung des Verlustes von ein paar Millimetern Wahrheit. „Nichts ist unschuldig in der Kunst des Erzählens.“ Der Autor erzählt den Einmarsch Nazideutschlands in Österreich als ein Hasardeur-Stück, eine dreiste Hochstapelei – Hitlers Panzerkolonnen strandeten mit Pannen auf den Straßen und wurden notdürftig mit Zügen nach Wien geschafft. „Was an diesem Krieg verblüfft, ist der unerhörte Erfolg der Frechheit, die uns eines lehren sollte: Die Welt gehorcht dem Bluff.“

Das Verblüffende an diesem gleichermaßen verdichteten wie durchlässigen Buch ist die Fülle des Erzählten bei gleichzeitiger Beschränkung. Wenn Vuillard über Todesanzeigen in österreichischen Zeitungen nach dem Anschluss schreibt, ist das nicht nur ein bewegendes Requiem für Menschen, die sich aus Furcht vor Hitler das Leben nahmen. Die Literatur vermag uns ein Geschichtsbild zu geben. „Alma Biro hat keinen Selbstmord begangen. Karl Schlesinger hat keinen Selbstmord begangen. Leopold Bien hat keinen Selbstmord begangen. Und auch Helene Kuhner nicht. Keiner von ihnen (…) Ihr Leid ist etwas Kollektives. Und ihr Selbstmord das Verbrechen eines anderen.“ In Augsburg, wo er aus seinem Buch las, sagte Vuillard dieser Tage: „Wir befreien uns von der Propaganda der Nazis, die immer noch funktioniert.“ Und: Eine Literatur, welche Realität und die wirtschaftlichen Verhältnisse ausklammere, sei „nur eine Folklore-Literatur“.

Éric Vuillard: Die Tagesordnung. Übersetzt von Nicola Denis, Matthes & Seitz Verlag, 118 Seiten, 18 Euro

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